Der Durchbruch mit dem Apple II

Kapitel 02

2. Ausgabe vom Dezember 2009

Damals fragten sich viele Branchenbeobachter, weshalb ein Mann wie Markkula, der schon alles erreicht hatte, ausgerechnet bei Apple einstieg. Apple verfügte weder über unternehmerische Erfahrung noch über einen organisierten Vertrieb und erst recht nicht über finanzielle Mittel. Für Aussenstehende gab es keinen Grund zu glauben, dass Apple jemals zu einer bedeutenden Grösse der noch jungen Computerbranche heranwachsen würde. Doch als sich Markkula und Jobs zum ersten Mal trafen, konnte Jobs den Prototyp eines Computers vorführen, der alles bisher da gewesene in den Schatten stellte: Den von Stephen Wozniak konstruierten Apple II.

Als Apple den Apple II einige Monate später, im April 1977, zum Preis von 1’298 Dollar auf den Markt brachte, war der erste richtige Personal Computer geboren. Im Gegensatz zu den bis anhin üblichen Bausatzmodellen wurde der Apple II als vollständiger Computer verkauft. Er verfügte über eine 1 MHz schnelle 6502-CPU, 4 Kilobyte RAM (erweiterbar auf 48 KB), war in BASIC programmierbar und wurde in einem Kunststoffgehäuse mit Tastatur (und optional einem Bildschirm) ausgeliefert. Der Apple II konnte Farbe ausgeben und liess sich dank seines logischen Aufbaus und den zahlreichen freien Steckplätzen mit Erweiterungskarten aufrüsten. Auch ein Disketten- sowie ein Kassettenlaufwerk waren integriert.

Als Markkula den Apple II sah, erkannte er darin sofort die Technologie der Zukunft. Das war der Grund für seinen Einstieg bei Apple. Zu seinen ersten Aufgaben gehörte die Aufstellung eines Businessplans. Er prophezeite, dass Apples Verkaufszahlen innerhalb eines Jahrzehnts das Volumen von einer halben Milliarde Dollar übersteigen würden. Ausserdem bewegte er Wozniak zur Aufgabe seines Jobs bei Hewlett-Packard und stellte Michael Scott als ersten Geschäftsführer ein. Mit diesen Massnahmen bekam Apple jenes Mass an unternehmerischer Professionalität, welches zum Vertrieb des Apple II nötig war. Gleichzeitig mit dem Apple II führte Apple auch ein neues Firmenlogo ein. Jobs war der Meinung, der Entwurf von Wayne wirke altmodisch und würde Apple nicht repräsentieren. Ausserdem liess sich das ursprüngliche Logo auf Grund seiner Komplexität kaum in kleinerem Massstab abbilden. Apple beauftragte die Agentur von Regis McKenna, ein neues Logo zu entwerfen. Rob Janov, der Art Director der Agentur, erfand schliesslich das heutige Apple-Logo. Die Regenbogenfarben, mit welchen er das Logo ausfüllte, sollten eine Anspielung auf die Farbeigenschaften des Apple II darstellen.

Eines der grossen Geheimnisse ist für mich unser Logo - das angebissene Symbol für Begierde und Wissen, mit den Farben des Regenbogens in umgekehrter Reihenfolge. Ein passenderes Logo hätte man nicht erfinden können. Es steht zugleich für Verlangen, Wissen, Hoffnung und Anarchie.

Jean-Louis Gassée, späterer President of Apple Products

Zu den ersten Amtshandlungen von Scott gehörte das Einführen von persönlichen Mitgliederausweisen, welche nach den Einstellungsdaten der Mitarbeiter nummeriert wurden. Wozniak erhielt als Erbauer des Apple I und des Apple II die Nummer Eins. Steven Jobs, welcher auf keinen Fall die Nummer Zwei sein wollte, bekam nach einer heftigen Auseinandersetzung mit Scott die Null zugewiesen. Eine niedrige Anstellungsnummer gilt bei Apple als eine spezielle Auszeichnung, Angestellte mit zweistelligen Ausweisnummern wurden in den 80er-Jahren bewundert und beinahe verehrt.
Das Geschäft mit dem Apple II wuchs rasant. 1977 verkaufte Apple mehrere Tausend Exemplare und generierte einen Umsatz von knapp 800’000 Dollar. Im Jahr darauf verzehnfachte sich der Umsatz, Apple verkaufte den Apple II 1978 knapp 10’000 Mal und konnte 1979 sogar 35’000 Geräte absetzen. Mit den Verkaufszahlen stieg auch die Anzahl der Beschäftigten. Ende des Jahres 1977 musste Apple aus Jobs’ Elternhaus ausziehen und bezog ein Gebäude in Cupertino. 1978 stieg die Mitarbeiterzahl auf über 60, zwei Jahre später beschäftigte Apple mehr als 1’000 Angestellte.

Das Entwickeln von Computern, welche für mich zur Liebe meines Lebens geworden waren, war wie das Lösen eines Puzzles. Ich versuchte, besser und besser und noch besser zu werden.

Stephen Wozniak