WWDC Gerüchte Roundup: Mac OS X «Snow Leopard»

Zum Zeitpunkt der letztjährigen weltweiten Entwicklerkonferenz WWDC von Apple war Mac OS X 10.5 «Leopard» seit gut einem halben Jahr auf dem Markt und bei Version 10.5.3 angelangt. Man erwartete zwar Details zum kommenden Leopard-Nachfolger, da der Fokus nach Apples Ankündigung aber auf einer stetigen iPhone-OS-Entwicklung liegen würde, würde der Leopard-Nachfolger wohl nur kurz angeschnitten werden. So war es dann auch. Am Keynote-Abend des 9. Junis 2008 war zwar die nächste Mac-OS-X-Version Steve Jobs erstes Thema, jedoch vertröstete er alle auf «nach der Keynote»: Dann erst werde Bertrand Serlet, Apples Senior Vice President of Software Engineering, erste Details zum kommenden «Snow Leopard» bekannt geben. Während der Keynote wurde danach nicht mehr auf «Snow Leopard» eingegangen.

Später am Abend war es dann soweit und Serlet präsentierte erste Details zu Mac OS X 10.6 «Snow Leopard». Der Name soll bereits darauf hinweisen: «Snow Leopard» ist der direkte Nachfolger von «Leopard» und wird dieses ‘perfektionieren’.

Anstatt vorwiegend auf neue Funktionen zu fokussieren, wird Snow Leopard die Leistungsfähigkeit von OS X verbessern, einen neuen Standard für Qualität setzen und die Basis für zukünftige OS X Innovationen bilden.

Apples Pressemitteilung zu Snow Leopard im Juni 2008


Konkret waren es folgende Neuerungen, die damals von Apple publik gemacht wurden:

  • 100% 64-bit («Top-to-Bottom-64bit») und somit Unterstützung bis zu 16 TB Arbeitsspeicher
  • Bessere Optimierung für Multikernprozessoren mittels «Grand Central»
  • Exchange-Unterstützung für Mail, iCal und Adressbuch
  • Neuer Safari mit ultra-schneller JavaScript-Engine
  • Komplett neuer QuickTime-Player
  • OpenCL für Nutzung der ungebrauchten Grafikkarten-Leistung für normale Anwendungen

Damals wurde zwar kein Release-Datum für Snow Leopard bekannt gegeben, aber man spekulierte offen - auch bei Apple - darüber, dass 10.6 im Sommer 2009 auf den Markt kommen könnte.

Im vergangenen Jahr kamen nach und nach neue Details zu Snow Leopard und dessen Weiterentwicklung ans Tageslicht. Hier ein kurzer Abriss über die grösseren und wichtigeren Neuerungen:

  • Apple hat den Finder in Snow Leopard von Grund auf neu geschrieben und sämtliche Carbon-Überreste aus dem Finder entfernt, sodass der neue Finder zu 100% mit Cocoa geschrieben wurde.
  • Apple hat auch zahlreiche andere System-Applikationen von Carbon «befreit»
  • «ImageBoot» soll den Systemstart von einer beliebigen Image-Datei auf einem internen oder externen Laufwerk erlauben - somit erlaubt «ImageBoot», mehrere startfähige System-Images auf ein und derselben Partition anzulegen.
  • CoreLocation-Framework, bekannt vom iPhone-OS, damit soll die Position des Macs zu bestimmen sein. Dafür sind jedoch entweder GPS-Daten oder Pseudo-GPS-Daten erforderlich. Bei Ersterem wäre es möglich, dass Macs künftig mit GPS-Chips (allen voran wohl die Notebooks) ausgestattet werden. Pseudo-GPS-Daten können hingegen ohne GPS-Chips, sondern mit Geo-Tagged WLAN bzw. WLAN-Positionierung ermittelt werden.
  • Noch mehr Multitouch-Gesten (bekannt von den Unibody-MacBooks und -MacBook Pros)) sollen im neuen System unterstützt werden. Aktuell unter OS X 10.5 unterstützen nur wenige Applikationen diese Gesten, dies soll sich anscheinend mit 10.6 ändern.
  • Die Dock-Stacks werden Scrollleisten erhalten, sodass man grosse Verzeichnisse im der Grid-Ansicht bequem scrollen kann. Ebenso können Ordner in den Stacks durch-navigiert werden - die obere Ebene wird dabei durch einen 3D-Effekt in den Hintergrund geschoben, damit man jederzeit wieder auf die obere Ebene zurück kehren kann.
  • Good bye AppleTalk: Angeblich soll nach 25 Jahren nun Schluss sein mit AppleTalk, dem LAN-Konzept und Netzwerk-Protokoll von Apple. Seit einem Mitte Februar erschienenen Snow-Leopard-Build soll die Unterstützung für AppleTalk in 10.6 fehlen. AppleTalk wurde 1984 mit dem ersten Macintosh eingeführt und war damals eine kleine Revolution in der Netzwerktechnik.
  • Überraschend stellte Apple im Februar eine Public Beta von Safari 4 vor. Safari 4 kommt mit einer neuen und super-schnellen JavaScript-Enginge namens «Nitro Engine» daher. Zudem bietet Safari 4 eine neue Benutzung und Darstellung der Tabs sowie die sogenannten «Top Sites», die eine visuelle Vorschau häufig besuchter oder selbst konfigurierter Lieblings Websites bietet. Auch die aus iTunes bekannte CoverFlow-Ansicht wurde für den Browserverlauf übernommen. Seit Februar kann diese Beta-Version für Mac OS X und Windows geladen und getestet werden. Die «Nitro Engine» basiert auf der Engine «SquirrelFish Extreme» die Apple-Entwickler im WebKit-Team entwickelt hatten. Die Beta-Versionen von Safari 4 sind seit der Vorstellung die schnellsten Browser unter Mac OS X und Linux, ähnlich schnell ist aktuell nur Googles ‘Chrome’, welches ebenfalls auf WebKit basiert.
  • QuickTime Player X: Der neue QuickTime-Player trägt die Versionsnummer 8, nennt sich aber «X». Die neue Bezeichnung rührt wohl daher, weil hier kein Stein auf dem anderen gelassen wurde: Der neue Player kommt mit einer komplett neuen Benutzeroberfläche daher, nämlich auf den ersten Blick mit gar-keiner mehr. Die Schaltflächen erscheinen nur, wenn man es möchte. Apple nennt dies «neue minimale Benutzeroberfläche mit Fokus auf die Medienwiedergabe». Die Steuerelemente sind dabei auch bei der normalen Fenster-Ansicht denjenigen von iTunes bzw. dem Fullscreen-Wiedergabemodus des aktuellen QuickTime Player angepasst worden. Die Fensterliste ist durchsichtig und integriert sich ins Video - so wird kein Platz verschwendet. Der neue Player erlaubt neu auch Screenrecording, also das «auf Video aufnehmen» der auf dem Bildschirm angezeigten Elemente und Aktionen. Ebenfalls neu: Neue Trimm-Ansicht und direkter Upload zu YouTube oder MobileMe.
  • Weitere kleinere Neuerungen:
    • Kennwortabfrage nach Beendigung des Ruhezustandes oder des Bildschirmschoners erst nach einer bestimmten Zeit
    • Neue Ordnung bei den Tastenkürzel-Einstellungen in den Systemeinstellungen
    • Neue Einstellungsmöglichkeit für das «Dienste»-Menü
    • «Put Back» aus den Mac-OS-Classic-Systemen ist zurück: In den Papierkorb gelegte Dateien lassen sich via Kontext-Menü an den ehemaligen Platz zurück verschieben
    • Finder-Fenster mit Icon-Grössen-Slider unten rechts, sodass sofort die Icon-Grösse verändert werden kann, ohne zuerst entsprechende Einstellung auf zu rufen
    • Tastaturübersicht als eigenes Menulet (Menüleistenobjekt)
    • Neue systemweite Text-Einstellungen (z.B. für Autokorrekturen oder Sonderzeichenumwandlung) in den Systemeinstellungen
    • Zeit-Angabe in der Menüliste kann neu ohne Umweg mit Datum versehen werden
    • Neue Möglichkeit für «Scanner Sharing» in den Sharing-Einstellungen in den Systemeinstellungen
    • Im PrefPane «Software-Update» wurde die Bezeichnung «Installierte Updates» in «Installierte Software» geändert, was Tür und Tor für Gerüchte rund um einen App Store für Mac OS X offen hällt
    • Terminal-Fenster lassen sich aufsplittern
    • Neues Einstellung-Fenster für «Vorschau»
    • Finder-Info-Fenster haben nun unter der Vorschau der Datei auch die Möglichkeit, Videos direkt abzuspielen (QuickLook im Info-Fenster)
    • QuickLook soll neu auch in einem Öffnen- bzw. Speichern-Dialogfenster möglich sein
    • HFS+ Treiber für Windows-Systeme in Boot Camp, sodass Windows HFS+ formatierte Laufwerke lesen kann
    • Der Ort, an welchem Finder-Spotlight zu suchen beginnt, kann neu per Vorsteinstellung definiert werden: «Computer», «Aktueller Ordner» oder «Ort der vorhergehenden Suche»
    • Via Kontext-Menü lässt sich markierter Text neu direkt in ein Mail oder eine Sticky-Note kopieren
    • Display-Einstellung listet neu auch HDTV-Auflösungen (480p, 720p, 1080i und 1080p)
    • AirPort-Menulet zeigt neu für jedes WLAN die entsprechende Funkstärke an
    • Die Icon-Vorschau im Finder wurde soweit erweitert, dass auch Videos direkt im Icon einer Datei abgespielt werden können ohne extra z.B. QuickTime für das Playback zu öffnen
    • … und, und, und …

Die APIs von Snow Leopard sollen Anfang Mai eingefroren worden sein. Das heisst die Technologie-Schnittstellen im Betriebssystem sollen seither und bis zum Release des Systems nicht mehr mit grundlegende Änderungen ausgestattet werden. Dies ist ein wichtiger Zeitpunkt für die Entwickler, denn ab jetzt können sich diese darauf verlassen, dass ihre Programmierarbeiten nicht mehr durch irgendwelche grundlegenden Änderungen am System unter Umständen fortan wieder neu programmiert werden müssen. Diese Ankündigung weist zudem auch darauf hin, dass die Entwicklung von «Snow Leopard» sich langsam in Richtung Zielgerade fortbewegt.

Ein Tag nachdem die Meldung des einfrieren der APIs die Runde im Web machte, kündigte Apple die Eröffnungs-Keynote der WWDC an: Phil Schiller, Senior Vice President Worldwide Marketing von Apple, wird diese Keynote, unterstützt von weiteren Apple Executives halten. Die Keynote soll hauptsächlich die beiden Betriebssysteme «iPhone 3.0» und «Mac OS X Snow Leopard» thematisieren.

Da der Fokus der Eröffnungs-Keynote neben dem neuen iPhone-OS auch auf Snow Leopard liegen wird, erwartet man handfeste Details zu «Snow Leopard». Dies wäre das erste Mal, dass Apple Snow Leopard an einer «grossen Keynote» thematisiert. Den letzten Gerüchten zufolge soll Apple am Montag ein fast-fertiges Snow Leopard zeigen, welches zwar noch nicht direkt nach der Keynote auf den Markt kommt, aber wohl bereits alle Funktionen und Änderungen enthalten wird. Eines der hartnäckigsten Gerüchte rund um Snow Leopard hat sich aber bisher noch nicht bestätigt: Seit langem wird vermutet, Apple spendiere 10.6 eine neue, einheitliche Benutzeroberfläche, ähnlich dem Look der Steuerelementen die man aus iTunes her kennt und auch während des vergangenen Jahres immer wieder an einigen Orten im System Einzug gehalten haben. Die neue Benutzeroberfläche soll «Marble» heissen und könnte vielleicht an der Keynote vorgestellt werden. Jedoch glauben aktuell und dem stetigen Fortschreiten der Entwicklung und anstehenden Finalisierung des neuen Systems nur noch wenige an eine derart grosse Änderung.

Offen bleibt damit weiterhin, wann Snow Leopard auf den Markt gelassen wird. Entweder könnte es bereits wenige Wochen nach der Keynote sein, oder aber es könnte sich noch bis Anfang Herbst hinziehen. Am Montag-Abend wissen wir diesbezüglich aber bestimmt mehr.

macprime.ch wird am Montag-Abend wie gewohnt mit einem Ticker live von den Ereignissen der WWDC-Keynote in San Francisco berichten. Ab 18:30 Uhr MESZ geht’s los mit der Vorberichterstattung - die Keynote startet dann um ca. 19 Uhr MESZ!

Von Stefan Rechsteiner
Veröffentlicht am

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