Zweiter grosser Prozess zwischen Apple und Samsung: Die dritte Woche

Vor Ostern startete der zweite grosse Patentprozess zwischen Apple und Samsung in die dritte Woche. Samsung versuchte in dieser Woche mit aller Kraft, Apples Beschuldigungen zu entkräften. Zeitgleich wurden interne Mails von Samsung über die Werbeaktivitäten des Unternehmens veröffentlicht.

Patrick Bieri

Tod von Steve Jobs als Chance für Samsung

Kurz nach dem Tod des Apple Mitbegründers Steve Jobs beschrieb Samsungs Marketing-Manager Michael Pennington dieses Ereignis als Chance für Samsung. Samsung könne die Unsicherheit der Konsumenten in Bezug auf die künftige Innovationsfähigkeit von Apple nutzen, um die eigenen Produkte zu bewerben. Es handelt sich dabei um den besten Zeitpunkt, um das iPhone anzugreifen, wie der Marketing-Manager in einer Mail nachlegte.

Google modifizierte Android nach Lancierung des iPhones massiv

Interne Dokumente aus der Entwicklungsabteilung von Android zeigen erstmals auf, wie stark Google das mobile Betriebssystem nach der Veröffentlichung des iPhones modifiziert hat.
Google kaufte im Jahr 2005 das von Andy Rubin gegründete Unternehmen Android. Das Unternehmen entwickelte bereits seit einiger Zeit ein Betriebssystem, welches zum grössten Teil auf einer bestehenden Java-Plattform aufgebaut war. Auf dieser Basis wollte Google ein Betriebssystem entwickeln, das für die Nutzung mit einer vollwertigen Tastatur ausgelegt war. Den ursprünglichen Plänen zufolge hätte das Betriebssystem keinen Touch-Screen unterstützt. Die Spezifikationen für das mobile Betriebssystem wurden dabei mehrheitlich von Windows Mobile übernommen.

Kurz nach der Lancierung des iPhones im Jahr 2007 sank in der Entwicklungsabteilung von Google die Stimmung auf den Tiefpunkt, wie die neuen internen Dokumente zeigen. Der Entwickler Chris DeSalvo war als Konsument von der Vorstellung des iPhones begeistert. Als Google-Entwickler wurde ihm klar, dass man das gesamte Android-Projekt überarbeiten musste. Auf keinen Fall kann das bisher entwickelte Betriebssystem ausgeliefert werden, wie Andy Rubin in einem internen Google-Dokument zitiert wird.
Schon sehr bald machten sich die Google-Entwickler an die Arbeit und entwickelten ein vollständig überarbeitetes Betriebssystem. In einem grossen Update implementierten die Ingenieure die Touch-Screen-Kompatibilität des Betriebssystems und führten einige weitere Funktionen ein.
Android wird seitdem an iOS angelehnt, während man sich zuvor an BlackBerry von RIM orientierte.

Design-Veränderung von Android, ausgelöst durch die Lancierung des iPhones Quelle: AppleInsider

Samsungs Erfolg beruht auf dem Marketing

Samsung hat in der dritten Prozesswoche den US-Marketing-Chef des Unternehmens, Todd Pendleton, in den Zeugenstand geladen. Der Manager sollte die These der Samsung-Anwälte stützen, nach welcher der Erfolg der Samsung-Smartphones nicht auf der unerlaubten Nutzung der Apple-Patente beruht. Die Samsung Smartphones sind gemäss Pendleton so erfolgreich, weil das Unternehmen massiv ins Marketing investiert hat. Der Marketing-Chef sagte im Zeugenstand aus, dass er vor seinem Stellenantritt als Marketing-Chef von Samsung im Jahr 2011 die Smartphone-Produktpalette des Unternehmens nicht kannte.

Samsung fokussierte sich in den Jahren nach der Lancierung des iPhones darauf, die Produkt-Lancierungen von Apple mit Gegenkampagnen zu stören. Passend dazu veröffentlichten die Apple-Anwälte interne Mails von Samsung, nach welchen Pendleton das Schlechtmachen des iPhones zur Überlebensstrategie hochstilisierte.

Samsungs Benutzeroberflächen-Experte bestreitet Kopierarbeit von Samsung

Der Samsung-Designer Youngmi Kim bestritt in seiner Aussage vor Gericht die Aussage der Apple-Anwälte, nach welcher Samsung die «Slide-to-Unlock»-Funktion von iOS übernommen hat. Für ihn hätte die Kopie dieser Funktion auch keinen Sinn gemacht, weil man sich so nicht von Apple hätte abgrenzen können.

Das «Slide-to-Unlock»-Patent ist eines von fünf Patenten, deren Verletzung vor dem Bezirksgericht in San Jose verhandelt werden. Apple fordert insgesamt einen Schadenersatz von über 2 Milliarden US-Dollar.

Google-Ingenieure erklären Entwicklungsprozess hinter Samsungs Such-App


Samsung hat in der dritten Prozesswoche einige Google-Manager aufgeboten, um die Anschuldigungen von Apple widerlegen zu können. Unter anderem wurde der Google-Ingenieur Bjorn Bringhert in den Zeugenstand geladen. Dieser erklärte vor Gericht, weshalb Google kein Such-Patent von Apple verletzt hat. Apple beschuldigt Google unter anderem, für die Android-Suchfunktion sowie eine Such-App von Samsung ein Patent von Apple verletzt zu haben.
Bringhert versuchte der Jury darzulegen, wie viel Entwicklungsaufwand hinter der Google-Suchfunktion steckt und weshalb die Suchfunktion von Google nicht eine Kopie von Apples Suchfunktion sein kann. Die Entwicklung der betroffenen Programme hat angeblich zwei Jahre in Anspruch genommen. Später verglich der Ingenieur den Quellcode der beiden Suchfunktionen miteinander. Damit zeigte er Schritt für Schritt auf, weshalb Google die Funktion nicht kopiert hat.

Google sollte Kampagne gegen Apple führen

Internen Dokumenten von Samsung zufolge sollte Google einen Marketing-Angriff auf Apple starten, um den Absatz der Android-Smartphones zu steigern. Der CEO von Samsungs amerikanischer Telekom-Sparte, Dale Sohn, fragte seinen Marketing-Chef per Mail, ob nicht Google die Vorzüge der Android-Smartphones aufzeigen könnte. Zum damaligen Zeitpunkt wollte Samsung keine eigene Gegenkampagne zum iPhone produzieren.
Sohn befürchtete im Mail vom Juni 2012 einen «Tsunami», wenn das iPhone 5 auf den Markt kommt. Für dieses Szenario sollte ein Gegenpol gesetzt werden, damit der «Tsunami» neutralisiert werden kann.

Später war von den anfänglichen Bedenken kaum mehr etwas zu spüren. Stattdessen lancierte Samsung eine eigene Werbekampagne gegen das iPhone.

Samsung ist sich der eigenen Schwächen bewusst

Drei Monate vor der Veröffentlichung des iPhone 5 wurden die führenden Samsung-Manager langsam nervös. Man versuchte in den verbleibenden Monaten, die Kunden von den Vorzügen des Samsung Galaxy S3 zu überzeugen. Dazu wollte man herausfinden, für welche Kauf-Argumente die Kunden empfänglich sein werden.

Samsungs Marketing-Manager Michael Pennington wies zeitgleich in einer Mail auf die Schwächen der Samsung-Geräte hin. An erster Stelle nannte er das «Plastik-Gefühl», welches die Nutzung der Samsung Smartphones begleitet. Zudem würden den Samsung Smartphones wichtige Funktionen fehlen.
Der Marketing-Chef schlug nach dieser Analyse vor, eine defensive Strategie zu entwickeln, um die Auswirkungen dieser Schwächen möglichst gering zu halten.

Samsung lanciert Design-Webseite

Auf einer neuen Webseite präsentiert Samsung unter anderem verschiedene Design-Entwürfe des Unternehmens. Auf der Webseite kommen auch verschiedene Samsung-Designer sowie Gastreferenten zu Wort, welche Samsungs «Design Identity 3.0.» erklären sollen.

Mit dieser Kampagne soll den Konsumenten wohl aufgezeigt werden, dass Samsung eigene Design-Ideen umsetzt und keine Kopien anfertigt.

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