SuisseID – die elektronische Signatur der Schweiz

Mit grossen medialem Echo hat der Trägerverein SuisseID im Jahr 2010 die erste qualifizierte elektronische Signatur der Schweiz eingeführt. Der ersten Euphorie zum Trotz ist das Produkt bei der breiten Bevölkerung auch nach drei Jahren noch kaum bekannt. Während die SuisseID zu Beginn für den Konsumenten eher kostspielig war, wurde gegen Ende des letzten Jahres jedem Kunden der Bank Swissquote eine SuisseID kostenlos angeboten. Handelt es sich dabei um eine Verzweiflungstat der Initianten, um der SuisseID doch noch zum Durchbruch zu verhelfen? Bringt die digitale Signatur tatsächlich einen Vorteil für den Endkunden?

Patrick Bieri

Bereits im Jahr 2005 wurde mit Art. 14 Abs. 2bis OR die rechtliche Grundlage geschaffen, um die eigenhändige Unterschrift der digitalen Signatur gleichzustellen. Auf den gleichen Zeitpunkt hin wurde das «Bundesgesetz über Zertifizierungsdienste im Bereich der elektronischen Signatur», kurz ZertES, in Kraft gesetzt. Mit dieser Massnahme wollte die Regierung den digitalen Geschäftsverkehr fördern. Zwischen dem Erlass des Gesetzes und der definitiven Lancierung der SuisseID vergingen anschliessend mehr als fünf Jahre. Seit dem Jahr 2010 ist die qualifizierte elektronische Signatur SuisseID offiziell auf dem Markt. Um die Einführung der SuisseID zu fördern, stellte der Bund im Rahmen eines Konjunkturprogrammes 17 Millionen Schweizer Franken zur Verfügung.

Die drei Funktionen der SuisseID

Bei der SuisseID handelt es sich zum einen um einen standardisierten Identitätsnachweis. Es kann verbindlich festgestellt werden, wer der Nutzer der SuisseID ist.

Zum zweiten ermöglicht die SuisseID die elektronische Unterschrift von Dokumenten. Art. 14 Abs. 2bis OR stellt die qualifizierte elektronische Signatur mit der SuisseID der handschriftlichen Unterschrift gleich. Im Gegensatz zu einer eingescannten Unterschrift ist die mit der SuisseID getätigte Signatur verbindlich. Nachdem ein Dokument mit der elektronischen Signatur versehen worden ist, kann dieses nicht mehr unbemerkt manipuliert werden, wie die Initianten des Systems versichern.

Ein drittes wichtiges Anwendungsgebiet ist das standardisierte Login mit der SuisseID. Anstelle sich verschiedene Passwörter und Benutzernamen für verschiedene Dienste zu merken, kann sich der Nutzer bei allen SuisseID-Partnern mit dem standardisierten Login anmelden. Momentan nutzen gemäss den Initianten rund 230 Partner das digitale Login.

Was braucht der Nutzer für die SuisseID?

Um die SuisseID nutzen zu können, wird ein physischer Chip benötigt. Auf diesem Chip sind zwei unterschiedliche Zertifikate gespeichert. Während das eine Zertifikat den Nutzer identifiziert, wird das zweite Zertifikat für die qualifizierte elektronische Signatur benötigt.
Der Chip befindet sich in einem USB-Lesegerät, das von den SuisseID-Anbietern zur Verfügung gestellt wird. Wer bereits über einen Kartenleser verfügt, kann alternativ auch eine Chipkarte bestellen.

Der USB-Leser oder die Chipkarte müssen bei der Nutzung der SuisseID mit dem Computer verbunden sein, um die Person zweifelsfrei zu identifizieren. Damit kann die SuisseID grundsätzlich nur genutzt werden, wenn sich der Nutzer an einer Arbeitsstation mit eingebautem Kartenleser oder USB-Anschluss befindet.
Um diesen Nachteil auszugleichen, wurde der kostenpflichtige «Post SuisseID Mobile Service» geschaffen. Für einen Franken pro Monat kann der Nutzer auch mit dem Mobiltelefon die SuisseID nutzen. Das System funktioniert dabei wie das von eBanking-Systemen her bekannte mTAN-Verfahren. Nach der Eingabe der relevanten Daten auf dem Mobiltelefon wird dem Nutzer ein individueller Code per SMS zugestellt. Dieser Code dient zur Authentifizierung des Nutzers.

Sicherheit der SuisseID

Trotz zahlreicher Sicherheitsvorkehrungen seitens der Entwickler wäre es falsch zu glauben, die SuisseID sei «vollkommen sicher». Insbesondere die Arbeitsumgebung auf dem PC oder auf dem Mac gilt als wunder Punkt des Systems. Dies trifft allerdings auch auf andere Sicherheitssysteme zu.

Die Entwickler der SuisseID versprachen, dass der Chip selbst nicht durch Schädlinge infiziert werden kann. Sicherheitsexperten gehen allerdings davon aus, dass Hacker auch den Chip selbst manipulieren könnten, wenn sie in dessen physischen Besitz gelangen. Trotz aller Bedenken entspricht die SuisseID den aktuellen Sicherheitsstandards.

Der Bund macht die Nutzer darauf aufmerksam, dass trotz aller Sicherheitsmassnahmen ein aktuelles Anti-Viren-Programm sowie ein aktuelles Betriebssystem Pflicht seien.
Aufgrund der rechtlichen Verbindlichkeit der qualifizierten elektronischen Signatur hätten Missbräuche besonders schwerwiegende Konsequenzen.

Der Besitzer der SuisseID kann das Identifikationsmittel bei jedem anerkannten Anbieter einsetzen. In einem ersten Schritt meldet er sich dafür mit einem Zertifikat bei der Anwendung an. Nach der Eingabe des SuisseID-Kennworts wird der private Schlüssel freigeschaltet. In einem dritten Schritt prüft die Software des Anbieters, ob das Zertifikat noch gültig ist.

Was kostet die SuisseID?

Der Erwerb einer SuisseID ist nicht kostenlos. Um von den Nutzungsmöglichkeiten der Plattform profitieren zu können, muss eine SuisseID erworben werden — für 79 Schweizer Franken zum Beispiel bei der Post. Die Post ist eine der Aussteller der SuisseID. Nach der Zahlung der CHF 79.— kann die SuisseID ein Jahr genutzt werden. Für weitere CHF 50.— kann die Laufzeit der SuisseID bereits beim Erwerb des Identifikationsmittels auf drei Jahre erweitert werden. Für Privatnutzer kostet eine Verlängerung nach der ersten Laufzeit CHF 29.— für ein Jahr oder CHF 69.— für drei Jahre.

Zusätzlich muss der Käufer noch seine Identität von einer anerkannten Stelle bestätigen lassen. Dazu muss der Käufer seinen Pass oder eine Identitätskarte kopieren und amtlich bescheinigen lassen. Dies kann entweder bei der Gemeinde oder der Post geschehen.  Beide Möglichkeiten sind allerdings ebenfalls kostenpflichtig.

Diese Kosten dürften viele Privatanwender vom Erwerb einer SuisseID abgehalten haben. Im letzten November gab die Bank Swissquote bekannt, ihren Kunden kostenlos eine SuisseID abzugeben. Seit diesem Zeitpunkt können sich Kunden der Bank auch mit der SuisseID auf der Siwssquote-Plattform anmelden. Dank der SuisseID kann sich die Bank die Kosten für die Entwicklung und den Betrieb eines eigenen Identifikationssystems sparen.
Für diese Promotion wurden mehrere tausend kostenlose SuisseIDs mit einer einjährigen Laufzeit zur Verfügung gestellt. Ob die Profiteure dieses Angebotes auch nach dem ersten Jahr von einer kostenlosen SuisseID profitieren werden, ist gemäss der Bank Swissquote noch Gegenstand von Verhandlungen.
Gemäss der Post sei die Promotion auf reges Interesse gestossen. Genaue Zahlen über die Anzahl der bestellten SuisseIDs wollten weder die Post noch die Bank Swissquote auf Anfrage bekanntgeben.

Vor allem Unternehmen profitieren

Ein Blick auf das Verzeichnis der SuisseID-Anbieter zeigt, dass sich das Angebot im Moment insbesondere an Geschäftskunden richtet. Durch die Integration der SuisseID in die Arbeitsprozesse eines Unternehmens können rechtsverbindliche Vereinbarungen deutlich schneller abgeschlossen werden.
Beispielsweise nutzt das Unternehmen Price Waterhouse Cooper (PwC) die SuisseID bei der Prüfung von Unternehmensbilanzen. PwC kann mit der SuisseID die grosse Mehrheit der Dokumente signieren. Mit dem konsequenten Einsatz der digitalen Signatur könne ein signifikanter Anteil der Druckkosten eingespart werden.

Kritisiert wird im Moment noch die fehlende Akzeptanz der SuisseID im Ausland. Mit dem Projekt STORK 2.0 wurde allerdings bereits ein Projekt gestartet, das die Akzeptanz der verschiedenen digitalen Signaturen in den unterschiedlichen Ländern sicherstellen soll. Beteiligt am Projekt sind 19 Länder, darunter die Schweiz, das Vereinigte Königreich, Schweden, Österreich und Andere. Pilotanwendungen sollen ab April 2014 während eines Jahres zeigen, ob das internationale System auch für den Massenmarkt taugt.

Identitätskarte bald mit der SuisseID kompatibel?

Die digitale Identifikation der Bürger könnte mit der Lancierung der neuen Identitätskarte einen Wachstumsschub erleben. Der Bund plant auf das Jahr 2016 die Lancierung einer Identitätskarte mit einer elektronischen Identifikation. Die elektronische Identifikation ist nicht mit der SuisseID identisch. Die Initianten der SuisseID arbeiten allerdings darauf hin, dass die elektronische Identität sowie die SuisseID verbunden werden können.

Voraussichtlich auf das Jahr 2016 wird der Bund eine neue Generation von Identitätskarten einführen. Neben der klassischen ID ohne Chip sollen zwei ID-Modelle über einen Chip für die elektronische Identität verfügen. Eines der beiden Chip-Modelle soll zudem gespeicherte biometrische Daten mit der elektronischen Identität verbinden.
Unklar ist, welchen Vorteil die Verbindung der elektronischen Identifikation mit den biometrischen Daten bieten soll. Insbesondere aus der Sicht des Datenschutzes könnte die Kombination dieser individuellen Sicherheitsmerkmale problematisch sein.

Anwendungsbereiche für private Anwender: Login, Identifikation und Unterschrift

Bei der SuisseID stehen drei verschiedene Anwendungsbereiche im Vordergrund. Der Nutzer kann sich zum einen auf einer Plattform mit einem standardmässigen Login anmelden. Zum zweiten kann der Nutzer mit der SuisseID zweifelsfrei identifiziert werden. Zum dritten dient die SuisseID dazu, rechtsgültige Vereinbarungen ohne eine handschriftliche Unterschrift tätigen zu können.

Viele Anbieter bieten alle drei Merkmale auf ihren Plattformen an.

Standardmässiges Login mit der SuisseID

Für die Nutzer dürfte im Moment vor allem ein Anwendungsbereich von Interesse sein: das standardisierte Login in Webdienste mittels der SuisseID. Anstelle sich eine Vielzahl von Passwörter und Benutzernamen merken zu müssen, kann sich der Anwender mit der SuisseID-Identifikation auf mehreren Plattformen sicher anmelden.

Bei der Krankenkasse KPT können Kunden ihre Versicherungsgeschäfte über die Online-Plattform KPTnet abwickeln. Dazu stellt das Unternehmen die SuisseID als Login-Mittel zur Verfügung. Gemäss den Angaben der Krankenkasse loggen sich aber weniger als ein Prozent der über 200‘000 Online-Nutzer mit der SuisseID an. Viele Anwender kritisieren gemäss der KPT die komplizierte erste Inbetriebnahme der SuisseID. Nach der ersten Inbetriebnahme sollen die Anwender dann aber mit dem Produkt «sehr zufrieden» sein.

Die Bank Swissquote bietet seit dem letzten November die SuisseID als Login-Möglichkeit an. Gemäss der Bank hat das steigende Nutzer-Bedürfnis nach Sicherheit ihrer Daten dazu geführt, dass sich das Unternehmen für eine einfache und zugleich sichere Login-Variante entschieden hat.

Anstelle einer SuisseID könnte man natürlich auch auf verschiedenen Plattformen ein und dasselbe Login verwenden. Bei dieser Art der Benutzername- und Passwortwahl besteht aber die Gefahr, dass Kriminelle bei einem Daten-Diebstahl auf einen Schlag potentiell auf alle Konten Zugriff erhalten können. Bei der Identifikation mit der SuisseID ist die Hürde höher, weil neben den Zugangs-Daten auch der physische Chip entwendet werden müsste.

Das standardmässige Login mit der SuisseID wäre für sicherheitsbewusste Nutzer sicherlich eine interessante Anwendungsmöglichkeit. Allerdings ist der Anwendungsbereich im Moment sehr beschränkt. Mit Ticketcorner und Buch.ch akzeptieren lediglich zwei bekannte Schweizer Online-Shops für Privatkunden die SuisseID als Login, Einkaufs- und Identifikationsmittel. Brack.ch gehörte zu den ersten Online-Shops, der die SuisseID akzeptierte. Seit der Neulancierung des Onlineshops Mitte 2013 können sich die Kunden aber nicht mehr mit der SuisseID anmelden. Die Nachfrage der Kunden war zu klein, wie Bracks Mediensprecher Daniel Rei gegenüber macprime sagte.
Auch beim Mutterhaus von digitec.ch, Galaxus, war die SuisseID einmal im Online-Shop implementiert. Aufgrund der geringen Resonanz entschieden sich die Shop-Betreiber, auf die SuisseID als Login-Merkmal zu verzichten.

Der Verzicht von Brack und Galaxus auf den Einsatz der SuisseID bedeutet für den Trägerverein SuisseID nichts Gutes. Wenn es sich bereits für die beiden grossen Player im Schweizer Online-Handel nicht lohnt, die SuisseID einzusetzen, dürfte dies erst recht für kleinere Player gelten. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Anwendungsspektrum in naher Zukunft merklich vergrössern wird.

Digitale Unterschrift

Die Post sieht den Hauptnutzen der SuisseID für Privatkunden bei der digitalen Unterschrift. Bei der täglichen Nutzung des Computers kann der Nutzer allerdings kaum von dieser Einsatzmöglichkeit Gebrauch machen.
Ab diesem Jahr wird es im Kanton Jura möglich sein, seine Steuererklärung vollständig digital einzureichen. Damit entfällt für die Bürger die Pflicht, die am PC ausgefüllte Steuererklärung per Hand zu unterschreiben.

Identifikation des Anwenders

Ein weiteres Anwendungsgebiet für die Nutzung der SuisseID ist die Verifizierung des SuisseID-Besitzers. Beispielsweise kann so das Alter des Nutzers überprüft werden. Mit Hilfe der SuisseID erkennt der Anbieter auf einfache Weise, ob der Kunde über das vom Gesetz her vorgeschriebene Alter verfügt, um das angebotene Produkt oder Dienstleistung in Anspruch nehmen zu können.

Möglicherweise wird es dank der Identifikationsfunktion der SuisseID in Zukunft auch möglich sein, direkt online ein Bankkonto zu eröffnen. Die Bank Swissquote eruiert im Moment, ob die SuisseID in Zukunft auch zur Eröffnung eines Kontos genutzt werden kann.

Bund baut Dienstleistungen mit der SuisseID aus

Auch der Bund bietet verschiedene Dienstleistungen an, die auf der SuisseID basieren und den Kontakt mit den Behörden vereinfachen sollen. Das Bundesamt für Justiz ermöglicht es den Bürgern seit Mai 2010, für 20 Schweizer Franken einen digital signierten Strafregisterauszug zu bestellen. Dieser wird zu Bürozeiten innerhalb von sechs Stunden bereitgestellt und kann anschliessend als digitales Dokument — zum Beispiel einer Online-Bewerbung — beigefügt werden. Dank diesem einfachen Verfahren erspart man sich die zeitaufwändige Bestellung des Dokuments per Post. Eine Bewerbung kann so zum Beispiel in dringenden Fällen deutlich schneller aufgegeben werden.
Auf Wunsch wird dem Bürger auch ein Strafregisterauszug auf Papier zugestellt. Die Nutzung der SuisseID beschleunigt in diesem Falle das Bestellverfahren.

Von dieser Möglichkeit machen allerdings nur wenige Bürger gebrauch. Gemäss den aktuellen Zahlen des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements wurden von den 403‘050 bestellten Strafregisterauszügen im Jahr 2013 lediglich 1‘057 mit der SuisseID getätigt. Dies entspricht einem Anteil von 0.26 Prozent. Im Jahr zuvor wurden 997 Bestellungen mit der SuisseID getätigt, während 2011 deren 708 Bestellungen mit der SuisseID eingingen.

Ab Mitte dieses Jahres will der Bund auch den Betreibungsschalter mit der SuisseID ausrüsten. In Zukunft können über diese Plattform Betreibungen direkt vom Computer aus eingereicht werden. Zudem können Betreibungsregisterauszüge digital bestellt werden.

SuisseID ohne grossen Zusatznutzen

Allen diesen Anwendungen gemeinsam ist, dass es auch veritable Alternativen gibt, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Für das Login auf verschiedenen Plattformen könnte der Nutzer unterschiedliche Passwörter nutzen und Strafregisterauszüge liessen sich auch per Post bestellen.

Die Initianten der SuisseID arbeiten derzeit mit ihren Partnern daran, dass die Anwendungsbereiche für die SuisseID zahlreicher werden. Insbesondere auf privater Ebene sind diese Bemühungen nicht von grossem Erfolg gekrönt. Es muss sich noch zeigen, ob beispielsweise Promotionen wie jene in Kooperation mit der Bank Swissquote zu einer grösseren Verbreitung der SuisseID führen werden.

Aktuelle Entwicklung: steigender Bekanntheitsgrad, stagnierende Nutzung

Wie das Staatssekretariat für Wirtschaft, SECO, in der Studie «Firmen und E-Government 2013» festgestellt hat (PDF), haben sich 2013 die Nutzerzahlen der SuisseID kaum merklich verändert. Bei Grossunternehmen ist die Nutzung im Vergleich zum Jahr 2011 gar zurückgegangen, während kleinere und mittlere Unternehmen die Identifikation im gleichen Zeitraum öfters nutzen. Insgesamt gaben lediglich 6 Prozent der Firmenvertreter an, die SuisseID geschäftlich zu nutzen. Und nur die Hälfte davon (3%) nutzen die SuisseID privat.
Die Bereitschaft der Schweizer Unternehmen, die SuisseID einzusetzen, ist im letzten Jahr gesunken. Die Zahl derjenigen, die sich eine Nutzung der SuisseID im Unternehmen vorstellen konnten, sank im Jahr 2013 auf 49 Prozent. Im Jahr 2011 gaben noch 59 Prozent der Befragten aus den Unternehmen diese Antwort. Zu diesem Trend passt, dass sich mit Brack ein bekannter Player des Online-Handels von der Nutzung der SuisseID verabschiedet hat.
Gemäss den Zahlen des SECO sind 80 Prozent der Anwender mit der SuisseID «zufrieden» oder «sehr zufrieden». Zeitgleich ist die Zahl der Unzufriedenen im Vergleich zum Vorjahr von 8 auf 11 Prozent gestiegen. Diese Zahlen passen zur Erhebung der Krankenkasse KPT, bei welcher die SuisseID-Nutzer damit nach der Installation sehr zufrieden seien.

Für die Studienautoren des SECO müssen für eine weitere Verbreitung in Zukunft auch weniger innovationsfreundliche Kreise mit der SuisseID angesprochen werden. Die Experten sehen insbesondere die Behörden in der Pflicht, das Angebot an Dienstleistungen, die auf der SuisseID basieren, auszubauen.
Positive Beispiele für diese Empfehlung ist der Kanton Jura, in welchem wie erwähnt ab diesem Jahr die Steuererklärung mit der SuisseID anstelle einer händischen Unterschirft signiert werden kann. Das Bundesamt für Justiz setzt die SuisseID gemäss Urs Paul Holenstein, dem stellvertretenden Leiter Direktionsbereich Zentrale Dienste, überall dort ein, wo es sinnvoll erscheint. Zum einen können bereits heute Strafregisterauszüge online bestellt werden und zum anderen können Mutationen im Handelsregister online vorgenommen werden. Ab Mitte dieses Jahres können auch Betreibungsregisterauszüge online bestellt werden.
Es lassen sich auf Bundesebene aber auch gegenteilige Tendenzen erkennen. Die eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hat im Juli bekannt gegeben, dass die Plattform «SuisseTax» nicht mehr wie zuvor zwingend eine SuisseID zur Nutzung erfordert. Die Plattform ermöglicht es Mehrwertsteuerpflichtigen, ihre Selbstveranlagung für die Steueren elektronisch einzureichen. Die ESTV begründete ihren Schritt mit der zu geringen Verbreitung der SuisseID. Für Unternehmen gibt es somit im Moment noch weniger Anreize, für ihren Mitarbeitern eine SuisseID zu beschaffen.

Zukunftsaussichten: Revision soll den Durchbruch bringen

Mitte Januar hat der Bundesrat dem Parlament die Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über die elektronische Signatur (ZertES) überwiesen. Mit der Revision des ZertES will der Bundesrat eine effizientere gesetzliche Regelung der elektronischen Signatur erreichen. Damit kommt die Regierung insbesondere den Wünschen der Wirtschaft entgegen.
Neben der bisher geregelten qualifizierten elektronischen Signatur, die nur natürlichen Personen zur Verfügung steht, also keinen Unternehmen, will der Bundesrat eine geregelte elektronische Signatur einführen. Des Weiteren soll ein geregeltes elektronisches Siegel geschaffen werden, welches auch juristischen Personen und Behörden zur Verfügung stehen soll. Die beiden neuen Zertifikate wären allerdings der eigenhändigen Unterschrift nicht gleichgesetzt. Stattdessen soll mit dem Herkunftsnachweis die Integrität eines Dokumentes gewährleistet werden.

Zeitgleich mit dem ZertES will der Bundesrat auch die Bestimmungen zum Rechtsverkehr in den verschiedenen Prozessordnungen des Bundes vereinheitlichen.

Schlussfolgerung

Der Kauf einer SuisseID lohnt sich im Moment für die wenigsten privaten Kunden. Trotz grosser Subventionen ist es dem Trägerverein SuisseID bisher nicht gelungen, die breite Masse von der Nutzung der SuisseID zu überzeugen. Das Anwendungsfeld der SuisseID für private Nutzer stagniert im Moment auf tiefem Niveau.
Bei der alltäglichen Nutzung des Internets ergeben sich kaum Vorteile, wenn man im Besitz einer SuisseID ist. Das standardmässige Login alleine bietet keine genügenden Anreize, um eine SuisseID zu erwerben und dafür jährlich eine Gebühr zu entrichten. Der Anwendungsbereich ist schlicht noch zu eingeschränkt. Die Sicherheitsvorkehrungen lassen sich zudem auch mit anderen Methoden verbessern. Durch eine optionale Sicherheitsfunktion kann das Google-Konto beispielsweise nur noch im Verbund mit der Eingabe eines SMS-Codes benutzt werden. Apple hat in einigen Ländern dasselbe Sicherheitssystem eingeführt. Für die Schweiz ist die Einführung der sogenannten 2-Weg-Authentifizierung von Apple noch nicht freigeschaltet.

Auch die Anwendungsbereiche der qualifizierten elektronischen Unterschrift sind für private Nutzer noch kaum vorhanden. Erst eine kantonale Steuerverwaltung erlaubt es den Bürgern, die am Computer ausgefüllte Steuererklärung digital zu unterschreiben.
Der Bund unternimmt in diesem Bereich allerdings grosse Anstrengungen, um die Anwendungsmöglichkeiten zu vergrössern. Über die Plattform juspace können bereits heute beispielsweise Mutationen von Personen im Handelsregister vorgenommen werden.  Ab Mitte des Jahres können auch die Dienstleistungen des Betreibungsschalters mit der SuisseID genutzt werden. Betreibungsbegehren können so zeitnah erstellt oder Betreibungsauskünfte schnell eingeholt werden. Allerdings sind private Nutzer nicht regelmässig auf diese Dienstleistungen angewiesen. Somit sind wohl auch diese Dienstleistungen kein genügender Grund, um sich eine SuisseID zu beschaffen.

Es wird sich zeigen müssen, ob sich mit dem vergrösserten Nutzungsangebot die Verbreitung der SuisseID vergrössern wird. Bei einer grösseren Verbreitung der SuisseID wären wohl auch viele Händler bereit, diese als Login-Element den Kunden zur Verfügung zu stellen. Brack beispielsweise schliesst trotz der Abkehr von der SuisseID nicht aus, bei einer grösseren Verbreitung die SuisseID wieder als Login-Möglichkeit anzubieten.

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9 Kommentare

Profilfoto von Patrick Bieri

Kommentar von Patrick Bieri

@mbl: vielen herzlichen Dank für deine Hinweise. Die voraussichtlich ab 2016 erhältliche neue Identitätskarte wird tatsächlich über eine unabhängige elektronische Identität verfügen. Die SuisseID-Initianten arbeiten allerdings darauf hin, dass die SuisseID mit der künftigen eID verbunden werden kann.

Gemäss dem Auftrag des Bundesrates an das EJPD aus dem Jahr 2011 sollen die Bürger in Zukunft die Möglichkeit haben, zwischen insgesamt vier ID-Modellen zu wählen.

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Kommentar von mbl

Bitte. Gern geschehen. Allerdings wird die eID erst 2017 kommen, 2016 kommt der neue ePass (WTO Ausschreibung sollte noch vor Sommer 2014 erfolgen). Planungen werden halt ab und zu angepasst….

Der “Originalauftrag” lautete nicht ganz so. Der BR wollte den Ablehnern der Biometrieerfassung entgegen kommen und erstens keine biometrischen Daten der Schweizer langfristig speichern (nur so lange wie es dauert einen Ausweis herzustellen) und zweitens die Wahl einer chipfreien ID zu ermöglichen. Das federführende Amt fedpol hat damals den Vorschlag gemacht vier Karten zu realisieren. Eine ohne Chip, drei mit Chip (1. nur Biometrie, 2. nur eID, 3. Biometrie und eID). Mittlerweile hat man gemerkt, dass das Ganze logistisch nicht ganz so einfach zu handeln ist und beschränkt sich nun auf eine Karte ohne Chip sowie eine zweite Karte mit Chip (inkl. eID und Biometrie). Gemäss dem neuen Ausweisgesetz (noch in Vernehmlassung) wird die eID bei der Auslieferung aktiviert sein. Man kann sie aber deaktivieren (und später auch wieder reaktivieren) lassen. Und der Chip wird analog dem Chip im heutigen Pass nicht trackbar sein.

Mal schauen, welche der beiden Karten sich durchsetzen wird.

Kommentar von anonymous13224

Meine SuisseID läuft im Januar 2015 ab. Ich habe diese hauptsächlich zum verschlüsseln von E-Mails genutzt (geht nur bei der QuoVadis-Variante). Auch ich sehe die dazugehörigen Programme als nicht attraktiv an. Bei BRACK.ch konnte ich mich jeweils einloggen. Nun hat Brack diese Funktion wieder entfernt. Wohl zuwenig Anwender.

Zudem wird die Anpassung auf neue Betriebssystem sehr langsam vorgenommen. Für OS X Yosemite gibt es noch keine Anpassung.

Werde die SuisseID wohl nicht mehr erneuern… Schade eigentlich! Hätte es gerne weiter eingesetzt!

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