Tiger: Letzte Mac OS X-Version!

Mit Tiger hat heute die fünfte Version von Mac OS X den Goldmaster-Status erreicht und dürfte schon in wenigen Wochen in den Regalen stehen. Nach Cheetah, Puma, Jaguar und Panther entschied sich Apple beim Mac OS X 10.4-Codenamen für Tiger, die Bezeichnung für die grösste und stärkste Raubkatze der Welt. Viele Beobachter stellten sich in den vergangenen Monaten die Frage, welche Raubkatze überhaupt noch in die Stapfen des Tigers treten kann, sprich: Welcher Katzenname für 10.5 überhaupt noch übrig bleibt. Nun hat sich diese Frage erübrigt, völlig überraschend gab Apple bekannt, Mac OS X nicht mehr weiterzuentwickeln!

Wir erinnern uns: Vor acht Jahren gab Apple bekannt, auf der Basis von NextStep ein neues, modernes Macintosh-Betriebssystem zu entwickeln, nach dem das sagenumwobene Copland nie das Licht der Welt erblickte. Doch die Computerwelt ist schnelllebig, und was gestern noch neu war, kann morgen schon veraltet sein. Apple musste Mitte der 90er-Jahre mit System 7.5 schon einmal schmerzlich erfahren, was es bedeutet, wenn man kein zeitgemässes System zur Hand hat. Dieser Fehler soll nicht nochmals passieren, deshalb setzt Apple nun frühzeitig die Entwicklung eines Nachfolgers für Mac OS X in Gang. Zwar wird Apple die grundlegende Architektur beibehalten, trotzdem müssen sich alle Mac-User auf einige Umstellungen gefasst machen, wenn Mac OS 11 im Sommer 2007 erscheinen wird.

Der Zeitplan für die nächste Generation der Macintosh-Software wirkt sehr ehrgeizig. Wie üblich gab Apple über das Fundament des Systems schon frühzeitig Auskunft, damit Drittanbieter genügend Zeit haben, ihre Produkte auf das neue System zu optimieren. Bei der Entwicklung von Mac OS 11 (mit dem kryptisch anmutenden Codenamen ‘L1.RAIP’) stehen vor allem eine erhöhte Flexibilität mit einer einfacheren Grundstruktur sowie eine verbesserte Arbeitsgeschwindigkeit im Vordergrund. Mac OS 11 basiert wie Mac OS X auf dem UNIX-Kernel Darwin, wenn auch auf einer stark verbesserten Fassung. Daneben setzt Apple weiterhin auf die leistungsfähige Programmierbibliothek Cocoa. Das ist an sich nicht weiter überraschend, doch der erste Paukenschlag folgt sogleich: Apple setzt nur noch auf Cocoa! Sämtliche Classic-Applikationen, und - was wesentlich schwerwiegender sein dürfte - auch sämtliche Carbon-Programme werden nicht mehr lauffähig sein. Derzeit basieren fast alle Mac OS X-Programme, welche älter als 5 Jahre sind, auf Carbon, welches die Abwärtskompatibilität zu Mac OS 9 garantiert. Nun müssen diese Programme für Mac OS 11 zu grossen Teilen neu geschrieben werden. Apple hofft, dass die Entwickler dadurch viele Altlasten aus ihren Programmen entfernen und vermehrt auf die Kernelfähigkeiten wie CoreAudio oder CoreImage setzen, welche auch in Mac OS 11 enthalten sein werden und die Performance der Applikationen erheblich beschleunigen. Für die Grafikausgabe setzt Mac OS 11 auf OpenGL 2 und auf eine überarbeitete QuickTime-Engine, welche auch den Quartz-Layer beinhalten wird.

Der zweite Paukenschlag fällt noch schwerwiegender aus als der erste: Mac OS 11 wird keinen Finder mehr enthalten! Apple plant die Einführung eines neuen Dateisystems. Neu soll nicht mehr die Willkür des Anwenders, sondern die Logik des Dateisystems die Dateien auf der Festplatte organisieren. Wenn man eine Datei speichert, braucht man sich nicht darum zu kümmern, in welchen Ordner die Datei abgelegt werden soll, das System übernimmt nun diese Aufgabe. Um Dateien wieder zu finden, setzt Mac OS 11 auf Spotlight 2. Mit einem einfachen Suchfeld findet das System jegliche Dateien in Sekundenbruchteilen, das lästige Navigieren durch den Finder entfällt. Damit ist nun endlich auch geklärt, weshalb der Finder auch in Mac OS X 10.4 Tiger noch immer auf Carbon basiert und viele Schwächen aufweist. Apple hat sich wohl nicht mehr die Mühe gemacht, viele Mittel in die Entwicklung des Finders zu investieren, wenn dieser sowieso verschwinden wird.

Über die Details des neuen Systems wird Apple wohl frühestens auf der WWDC im Juni 2006 informieren. Inwiefern das Dock und die Aqua-Oberfläche den Versionssprung überleben werden, bleibt abzuwarten. Auch hardwaremässig bleiben viele Fragen offen. Mit dem Schritt, Carbon fallen zu lassen, eröffnen sich Apple ungeahnte Möglichkeiten. Sowohl Darwin, als auch Cocoa, OpenGL und QuickTime arbeiten plattformunabhängig. Damit wäre es denkbar, dass Apple sein System für verschiedene Prozessorarchitekturen anbietet, insbesondere die Kompatibilität zum neuen Cell-Prozessor könnte sich als Vorteil erweisen. Vielleicht werden schon in zweieinhalb Jahren Macs mit dem neuen IBM-Chip in den Läden stehen, was die Attraktivität des Macs erhöhen und den Schritt, Carbon aufzugeben, rechtfertigen würde.

Update:
April, April! Das war unser April-Scherz! ;-)

Von dae
Veröffentlicht am

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