John Sculley

Apple CEO 1983 bis '93

Verfasst im März 2007

«Willst Du Dein ganzes Leben damit verbringen, Zuckerwasser zu verkaufen, anstatt die Chance zu ergreifen, die Welt zu verändern?»

Diese provokative, beinahe schon verzweifelte Frage läutete ein neues Zeitalter in der Geschichte Apples ein: Die Herrschaft des John Sculley.

Kindheit und Familie

John Sculley kam im Jahr 1939 zur Welt. Schon im zartesten Kindesalter entdeckte er seine Liebe zur Elektronik, mit seinen Freunden zerlegte er Kofferradios und studierte deren Funktionsweise. Als 14-Jähriger konstruierte er eine Bildröhre für den Einsatz in einem Farbfernseher. Dazu verwendete Sculley ein von ihm entwickeltes Bauprinzip, das mit einer einzigen Elektrode auskam. Er meldete seine Erfindung zum Patent an, doch der Antrag wurde abgelehnt, da ihm ein anderer Wissenschaftler um zwei Wochen zuvorkam. Obwohl unterdessen mehr als 50 Jahre seit Sculleys Erfindung vergangen sind, findet seine Konstruktion noch immer Verwendung in den Trinitron-Bildröhren der Sony-Fernseher.
In den Jahren darauf widmete sich John Sculley seiner Berufsausbildung. Er erreichte nicht nur einen Abschluss in Architektur, sondern auch einen MBA-Titel (Master of Business Administration). Während Sculley bemüht war, Karriere zu machen, fand er kaum mehr Zeit um sich seiner einstigen Passion, der Elektronik, zu widmen. Als John Sculley 28 Jahre alt war, bot ihm sein Schwiegervater, Donald M. Kendall, der Präsident von Pepsi-Cola, eine Arbeit beim amerikanischen Getränkehersteller an.

John Sculley
John Sculley

Die Jahre bei Pepsi

In der Überzeugung, die Chance seines Lebens erhalten zu haben, brauchte Sculley keine Bedenkzeit und folgte der Bitte seines Schwiegervaters auf der Stelle. Sculley erklomm Sprosse um Sprosse der Karriereleiter bei PepsiCo, bis er schlussendlich den sonnigen Platz auf dem Präsidentensessel von Pepsi-Cola USA einnahm.
Als John Sculley 43 Jahre alt war, konnte er auf eine Bilderbuchkarriere zurückblicken. Seine beiden Marketingkampagnen «Pepsi-Challenge» und «The choice of a new generation» verschafften ihm Anerkennung und Bewunderung, er bekam den Ruf eines Marketinggenies und galt als feinspüriger Geschäftemacher. Unter seiner Führung schaffte es Pepsi, den Erzrivalen Coca-Cola auf Platz zwei zu verdrängen. Doch dann, im November 1982, erhielt Sculley einen Telefonanruf, der sein Leben auf den Kopf stellen sollte.

Am Scheideweg

Der Headhunter Gerry Roche erkundigte sich bei seinem Freund John Sculley, ob er Interesse an der Leitung eines aufstrebenden Computerherstellers aus dem Silicon Valley hätte. Sculley verneinte. Er wollte es sich mit seinem Schwiegervater nicht verscherzen, ausserdem lag das Silicon Valley in Kalifornien, mehrere tausend Kilometer entfernt von Sculleys Wohnsitz an der Ostküste. Dennoch ging ihm das Angebot von Roche nicht mehr aus dem Kopf. Er begann über die Perspektiven seines Lebens nachzudenken.
Zu dieser Zeit waren die hohen Tiere bei Apple auf der Suche nach einem geeigneten CEO für ihr Unternehmen. Mike Markkula, der vorübergehend die Leitung Apples ausübte, suchte einen erfahrenen Manager. Um gegen IBM bestehen zu können, musste Apple sein jugendliches Image abstreifen. Spätestens mit dem Flop des Apple III hatte Apple schmerzlich erfahren müssen, dass der junge, verletzliche und eigensinnige Jobs als Manager nicht taugte. Apple brauchte einen Erwachsenen, einen erfahrenen Geschäftsmann, welcher dem Unternehmen einen professionellen Anstrich verlieh und der gegenüber den Kunden vertrauenserweckend und seriös wirkte. Einen Mann wie John Sculley.

Sculley und Jobs
Sculley und Jobs

Zu diesem Schluss war auch Steven Jobs gekommen. Er war es, der Gerry Roche beauftragt hatte, sich mit Sculley in Verbindung zu setzen. Und er war es auch, der es schaffte, Sculley zu einem Besuch ins Silicon Valley zu überreden. Apple hinterliess bei Sculley tiefen Eindruck. Als Jobs ihm in den geheimen Labors von Apple die Prototypen des LISA und des Macintoshs vorstellte, fühlte sich Sculley an seine Kindheit erinnert. Die Faszination der Elektronik umhüllte ihn wieder, sein längst vergessenes Hobby flammte in ihm neu auf. Eines Tages stellte Jobs ihm die alles entscheidende Frage: «Willst Du Dein ganzes Leben damit verbringen, Zuckerwasser zu verkaufen, anstatt die Chance zu ergreifen, die Welt zu verändern?» Sculley stand am Scheideweg seines Lebens. Sein Gefühl, seine Leidenschaft sowie die entstandene Freundschaft mit Steven Jobs zogen ihn nach Cupertino, um mit Apple die Welt zu verändern. Im April 1983, 18 Monate nach dem Telefongespräch mit Gerry Roche, siedelte der unterdessen 44-jährige John Sculley mit seiner Frau in den Westen über.

Von Pepsi zu Apple

Apple verpflichtete sich nicht nur, Sculleys Haus in Kalifornien sowie eine Million Dollar Abfindung zu bezahlen, sondern bot Sculley auch ein Jahresgehalt über eine Million Dollar sowie ein Aktienpaket im Wert von 50 Millionen Dollar. Obwohl John Sculley mehr als 16 Jahre bei Pepsi gearbeitet hatte, fiel ihm die Umgewöhnung leicht und er lebte sich bei Apple sehr schnell ein. Mit Jobs verstand er sich prächtig, die bei Apple herrschende Aufbruchstimmung nahm Sculley komplett ein. Es war die Zeit, als Apple den Macintosh präsentierte, die Zeit, in der nichts unmöglich schien. John Sculley gelang alles. Er schaffte es, den wilden Jobs zu bändigen, die Business-Week betitelte sie als «Die dynamischen zwei von Apple und ihr Plan, IBM in den Büros zuvorzukommen».
Doch der Friede währte nur kurz. 1985 kämpfte Apple mit rückläufigen Umsätzen, der Traum, mit dem Mac die Welt zu verändern, schien ein jähes Ende zu nehmen. Jobs schob Sculley die Schuld für das Fiasko in die Schuhe, zwischen den beiden entbrannte ein erbitterter Machtkampf. Sculley behielt die Oberhand und setzte sich durch, noch während des Jahres 1985 nahm Apple-Gründer Steven Jobs seinen Hut und verliess Apple.

Die glorreichen Jahre

Nun besann sich Sculley wieder auf seine eigentliche Aufgabe, und führte Apple durch viele erfolgreiche Jahre. Er beschloss, keine Lizenzen an Clone-Hersteller zu vergeben. Gleichzeitig versuchte er vehement, der Mac-Plattform zum Sieg zu verhelfen. Er war derjenige, welcher 1991 den Startschuss für den PowerPC gab. Während seiner Herrschaft verkaufte Apple 15 Millionen Computer, der Jahresumsatz stieg von 600 Millionen auf acht Milliarden Dollar. Sculley zeichnete sich verantwortlich für die Einführung von unzähligen Produkten und Technologien wie dem Macintosh, dem Newton, den PowerBooks, auch QuickTime, HyperCard und System 7 entstanden während seiner Amtszeit.
1987 traf Sculley in einem Playboy-Interview einige Voraussagen, die bis heute berühmt sind. Er prophezeite eine bemannte Marsmission der UdSSR und kündigte die Revolution des Internets sowie der optischen Speichermedien an. Einige dieser Ideen setzte er noch während seiner Amtszeit bei Apple um.

Sculley PR-Foto
Sculley PR-Foto

Sculleys Untergang

In den 90er-Jahren sank Sculleys Stern rapide. Das Management machte ihn für mehrere Produktflops - insbesondere des Newtons - verantwortlich. Seine Strategie, keine Mac-Lizenzen zu vergeben sowie die Einführung von verschiedenen Mac-Linien für Privatanwender, Schulen und Unternehmen wurde zunehmend kritisiert. Innerhalb kurzer Zeit fiel alles zusammen, was Sculley während eines Jahrzehnts bei Apple aufgebaut hatte. Am 18. Juni 1993 war sein Traum ausgeträumt, Michael Spindler übernahm den Posten des Apple-CEO. Den Ehrenposten als Chairman lehnte er ab, die Ära Sculley war zu Ende.

Ich hatte ein paar wunderbare Jahre bei Pepsi, war bei Apple auf einer ganz ungewöhnlichen Reise, und jetzt bin ich bereit, mich neuen Herausforderungen zu stellen. Ich bin für die Unterstützung durch so viele phantastische Leute bei Apple ungeheuer dankbar. Ich wünsche allen für die kommenden Jahre viel Erfolg. Ich werde euch von irgendwo da draussen stets anfeuern.»

John Sculley

Mit diesen Worten verabschiedete sich Sculley bei Apple. In den Folgejahren arbeitete er für Spectrum und für Kodak, danach baute er gemeinsam mit seinen beiden Brüdern eine Investmentfirma in New York auf. Zwischenzeitlich ging John Sculley in die Politik und verhalf seinem Freund Bill Clinton zum Sieg bei den amerikanischen Präsidentschaftswahlen.

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