Reuters porträtiert Apples CEO Tim Cook

Die Nachrichtenagentur Reuters hat ein Portrait über Apples CEO Tim Cook veröffentlicht, in welchem vor allem der Frage nachgegangen wird, wie der neue CEO das Unternehmen verändert hat. Reuters hat nicht direkt mit Tim Cook gesprochen, sondern diverse Informationen zu Tim Cook und Apple zusammengestellt.

Dieses Portrait kommt nach einer Reihe kritischer Berichten über die Zukunft von Apple.

Der Übergang von Steve Jobs zu Tim Cook

Der Job von Tim Cook unter der Führung von Steve Jobs war es, die Aufgaben zu übernehmen, welche Steve Jobs nicht übernahm oder nicht übernehmen wollte. Cook riet im Jahr 2007 Sheryl Sandberg, damals frisch zum COO von Facebook ernannt, dass sie dasselbe bei Facebook tun sollte. Sie sollte die Aufgaben übernehmen, welche Mark Zuckerberg nicht übernimmt. Seit dem Treffen der beiden Spitzen-Manager hat sich viel verändert, vor allem auch die Rolle von Tim Cook. Er muss nun nicht mehr die Arbeit machen, welche Jobs nicht macht, sondern er ist für die Zukunft von Apple verantwortlich.

Reuters konstatiert, dass Apple unter der Führung von Tim Cook erwachsener geworden ist. Das Unternehmen ist nicht mehr so kampfeslustig, wie es in den vergangenen Jahren des Wachstums war. Bei Apple ist man dabei, den Erfolg zu konsolidieren, um auch in Zukunft erfolgreich wirtschaften zu können. Kritisch ist man bei Reuters, ob der «Excel-Tabellen liebende und konsensorientierte» Tim Cook es schafft, die von Steve Jobs aufgebaute Firmen-Kultur weiterzuführen. Während Tim Cook die Lieferkette des iPhones und iPads erfolgreich aufgebaut hat, ist er nun für die Lancierung neuer Produkte verantwortlich. Kritiker befürchten, dass durch seine Führungsart das Feuer der Angestellten nicht mehr so stark brennt und so das Engagement sinken könnte.

Tim Cook als Person

Im Portrait von Reuters kommen auch persönliche Eigenschaften von Tim Cook zur Sprache. Während seine Arbeitswut bereits bekannt ist, soll er im kleinen Kreis durchaus charmant und witzig sein. Zudem soll Tim Cook ein guter Zuhörer sein. Im Gegensatz zu Steve Jobs ist Tim Cook deutlich weniger detailversessen und delegiert gewisse Aufgaben auch an seine Mitarbeiter. So kann er sich auf die wesentlichen Aufgaben konzentrieren.

In Meetings kann Tim Cook durchaus unangenehm sein, wie Insider berichten. Tim Cook sitze meist ruhig am Tisch und zeigt keinerlei Regungen. So ist es für die Angestellten im ersten Moment schwierig herauszufinden, wie Tim Cook die präsentierte Idee aufgenommen hat. Mit einem Satz kann Tim Cook später die Idee verwerfen, wenn sie seinen Ansprüchen nicht genügt.

Tim Cook als Manager

Im Unternehmen ist Tim Cook durchaus bereit, alte Seilschaften hinter sich zu lassen, wenn es dem Wohl des Unternehmens dient. Er wandte sich nach dem Bekanntwerden des Karten-Debakels nicht direkt an Scott Forstall, den verantwortlichen Manager, sondern er liess sich von iTunes- und Internet-Chef Eddy Cue beraten. Später entfernte er Scott Forstall, welcher von Steve Jobs über Jahre hinweg gefördert worden ist, von seiner führenden Position.

Die neuen Umstände im Unternehmen scheinen allerdings nicht allen Angestellten zu passen. Personalvermittler berichten von vermehrten Anfragen ehemaliger oder aktueller Apple-Angestellter. Bei den wechselwilligen Angestellten handle es sich insbesondere um Ingenieure, welche für Apples Innovationsfähigkeit besonders wichtig sind. Apple scheint von dieser Strömung Notiz genommen zu haben. Apples «Senior Vice President of Hardware Engineering», Dan Riccio, forderte in einer Mail die Angestellten auf, Probleme zu melden.
Die wechselwilligen Angestellten loben aber auch Tim Cooks Umgang mit den Menschen. Der Umgang mit Tim Cook ist freundlicher, was für einige ein willkommener Wechsel von Steve Jobs Regime darstellte.

Die totale Transparenz

Gemäss Tim Cook muss das Unternehmen transparent werden, um sich von den Mitbewerbern abheben zu können. Dazu müsse das Unternehmen bereit sein, neben den positiven Dingen auch die negativen Vorkommnisse zu veröffentlichen und dazu zu stehen. Das grösste sichtbare Zeichen dieser Strategie war wohl die öffentliche Entschuldigung nach dem Karten-Desaster von Apple.

Ein weiteres wichtiges Themenfeld sind die Arbeitsbedingungen in China. Zwar veröffentlicht Apple seit dem Jahr 2012 jährlich einen Bericht über die Arbeitsbedingungen in China und die Zulieferbetriebe werden von einer unabhängigen Stelle überwacht. Trotzdem sind die Zulieferer von Apple noch immer nicht in der Lage, alle gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Immer wieder tauchen Berichte über schlechte Arbeitsbedingungen bei den Zulieferern auf. Insbesondere darf nicht vergessen werden, dass Tim Cook massgeblich am Aufbau der kritischen Zulieferkette beteiligt war. Andererseits bekunden auch andere Hersteller Mühe, die arbeitsgesetzlichen Vorgaben in China einzuhalten, ohne darüber Angaben zu machen.

Auch Apples Umgang mit den Vorwürfen der Steuervermeidung war sehr offensiv und erinnerte kaum noch an den verschlossenen Konzern, der Apple einmal war.

Trotz der Transparenzoffensive wird man auch in Zukunft keine genaueren Pläne zu künftigen Produkten oder Firmenkäufen von Apple erhalten.

Fazit

Der von Reuters befragte Bob Iger — Apple-Vorstandsmitglied und Disney-CEO — lobt Tim Cook für seine Standhaftigkeit und den Willen, sein Programm durchzuziehen. Er sei nicht Steve Jobs, was Tim Cook genau wisse.

Grundsätzlich enthält das Portrait von Reuters kaum Neuigkeiten über Tim Cook und dessen Führungsstil. Die in den Medien vorherrschende kritische Stimmung im Bezug auf Apple wird im Grundsatz aufgegriffen und vertieft.

Wie sich der von Tim Cook eingeleitete Kulturwandel auf Apple auswirken wird, muss sich in Zukunft zeigen. Allerdings hat die Beibehaltung derselben Strategie über Jahrzehnte noch selten für einen lange anhaltenden Erfolg gesorgt. Mit Tim Cook hat Apple wohl den idealen CEO-Nachfolger gefunden, um Apple für die künftigen Herausforderungen bereit machen zu können.

Von Patrick Bieri
Veröffentlicht am

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