Apple 27-Zoll iMac Core i7 (Mai 2011)

Eigentlich ist es eine seltsame Geschichte. Es gibt wohl keinen Computer, den ich so gut kenne wie den iMac. Angefangen von den allerersten G3-iMacs aus dem Jahr 1998 bis hin zu den Intel-iMacs der vergangenen Jahre durfte ich so ziemlich jede Modellgeneration kennen lernen. Als ich früher in der Schule das Freifach Videofilmen besuchte, schnitten wir unsere Videos auf einem iMac DV. Mit der allerersten Version von Apples iMovie, nebenbei bemerkt. Später stand Zuhause auf dem Schreibtisch ein iMac G4. Auf demselben Schreibtisch steht auch heute noch ein iMac, wenn auch ein rund sieben Jahre jüngeres Modell. Wohin man auch blickt, auch im Zeitalter von MacBooks und iPads ist der iMac noch immer omnipräsent. Was ist an dieser Geschichte nun seltsam? Ganz einfach: Nämlich die Tatsache, dass es auch nach 13 Jahren noch immer jedes Mal ein aufregendes Erlebnis ist, einen neuen iMac auszupacken, ihn einzuschalten und sich über Apples All-in-one-Rechner zu freuen. Genau dies haben wir in den vergangenen Tagen mit einem iMac der neusten, Anfang Mai eingeführten Serie getan. macprime.ch hatte die Gelegenheit, einen aktuellen 27-Zoll-iMac während einigen Wochen auf Herz und Nieren zu testen.

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Verglichen mit den iMacs des Jahres 2010 bietet die neue Serie keine wirklich spektakulären Neuheiten. Apple bietet weiterhin je zwei Modelle mit 21.5- und 27-Zoll-Display an. Im Einstiegsmodell arbeitet ein Intel-Prozessor des Typs Core i5, welcher mit 2.5 Gigahertz getaktet ist und der auf 6 Megabyte L3-Cache zugreifen kann. Für die Grafikpower sorgt ein Radeon-HD-6750M-Chip aus dem Hause AMD. Der Videospeicher umfasst 512 Megabyte. Ausserdem besitzt der iMac 4 Gigabyte Arbeitsspeicher (installiert sind zwei 2-GB-Module) und eine Festplatte mit 500 Gigabyte Kapazität. Bis auf das günstigste Modell unterstützen alle neuen iMacs maximal 16 Gigabyte Speicher (theoretisch würde der iMac 32 GB unterstützen, Apple bietet aber maximal 16 GB an), beim Einstiegsmodell liegt die Obergrenze bei 8 Gigabyte.
Die mittleren beiden Modelle bieten die doppelte Festplattenkapazität sowie ein wenig mehr Rechenleistung, letzteres verdanken sie einem um 200 Megahertz höheren Prozessortakt sowie dem Einsatz eines Radeon-HD-6770M-Grafikchips. Im Topmodell kommen ein Intel Core i5 mit 3.1 Gigahertz sowie eine AMD Radeon HD 6970M mit einem vollen Gigabyte Speicher zum Einsatz.
Wie üblich bietet Apple neben den vier Standardmodellen jede Menge optionaler Ausstattungsmöglichkeiten an. So lässt sich der iMac auf Wunsch mit einem Core-i7-Prozessor mit 8 Megabyte Cache ausrüsten. Auf Seite der Grafikkarte lässt sich der Videospeicher auf stolze 2 Gigabyte verdoppeln. Auch beim Massenspeicher lässt Apple dem Kunden die Wahl. So lässt sich die Standardfestplatte durch eine Ausführung mit 2 Terabyte Speicherkapazität ersetzen. Auf Wunsch bietet Apple zusätzlich auch ein Solid-State-Drive mit 256 GB Kapazität an.

Rein äusserlich hat Apple keinerlei Veränderungen an den Geräten vorgenommen. Der neue iMac präsentiert sich nach wie vor im eleganten Aluminium-Kleid und besitzt das selbe schwarz umrahmte Display wie sein Vorgängermodell. Auch am Lieferumfang hat sich nichts verändert, Apple legt dem iMac eine Bluetooth-Tastatur ohne Ziffernblock sowie eine Magic Mouse (oder alternativ ein Magic Trackpad) und das iLife-Softwarepaket bei. Wer mehr über das Design sowie das verbaute Display erfahren möchte, liest am besten unser Review zur letzten iMac-Generation aus dem Jahr 2010.

Für diesen Testbericht griffen wir auf das aktuelle iMac-Topmodell zurück, wobei der iMac mit dem optional erhältlichen 3.4 Gigahertz schnellen Core-i7-Prozessor ausgestattet war. Im Apple Store schlägt diese Konfiguration mit 2’489.- Franken zu Buche.

Auf die kleinen Dinge kommt es an

Neben den obligaten Verbesserungen an der Prozessor- und Grafikfront punktet der neue iMac auch mit einigen Detailverbesserungen unter der Haube. Neu verbaut Apple drei AirPort-Antennen, welche jeweils eine Übertragungsrate von 150 MBit/s bieten. Dadurch sind theoretisch Datenraten von bis zu 450 MBit/s im drahtlosen Netzwerk möglich. Mehr Bandbreite bietet auch die Serial-ATA-Schnittstelle, über die der iMac beispielsweise den internen Massenspeicher anbindet. Erstmals kommt hier eine Serial-ATA-3-Verbindung zum Einsatz. Ebenfalls neu ist der aus Apples Mobilcomputern bekannte Helligkeitssensor, welcher die Stärke der Displaybeleuchtung automatisch dem Umgebungslicht anpasst.

Willkommen ist sicherlich auch die neue FaceTime-HD-Kamera. Eine verbesserte Kamera ermöglicht Videotelefonie mit dramatisch verbesserter Bildqualität. Wunder sollte man sich von der neuen Kamera allerdings keine versprechen, das FaceTime-Bild wirkt auf dem grossen iMac-Display noch immer etwas verschmiert. Apples Vorgehen in dieser Geschichte hinterlässt ohnehin einen reichlich zögerlichen Eindruck. Bereits seit rund vier Jahren verbaut Apple in diversen Macs HD-fähige Kamerasensoren und hat die Auflösung bis anhin lediglich softwaremässig begrenzt. Und selbst jetzt, nachdem die Kamera offiziell als HD-fähig angepriesen wird, arbeitet beispielsweise Photo Booth noch immer ausschliesslich in der doch arg kleinen VGA-Auflösung.

Thunderbolt: Versprechen für die Zukunft?

Eine Neuerung, welche im Augenblick noch keinen Nutzen aus sich ziehen lässt, ist der Thunderbolt-Anschluss. Thunderbolt ist der Name einer neuen I/O-Technologie, welche Apple in Zusammenarbeit mit Intel entwickelt und mit der Einführung der aktuellen MacBook-Pro-Serie Anfang Jahr erstmals öffentlich präsentiert hat. Über Thunderbolt lassen sich auch externe Displays anschliessen, in Tat und Wahrheit kommt sogar der gleiche Stecker wie bei Mini DisplayPort zum Einsatz. Apple rüstet sämtliche neuen iMacs mit Thunderbolt aus, die 21.5-Zoll-Modelle besitzen einen, die 27-Zoll-Modelle zwei Thunderbolt-Ports.
Leider konnten wir Thunderbolt nicht testen, da schlicht und ergreifend noch keinerlei Thunderbolt-Peripherie erhältlich ist. Für die Zukunft mag Thunderbolt ein Versprechen sein, doch mittelfristig dürfte die Schnittstelle nur ein Schattendasein fristen. In der Vergangenheit hatte Apple höchst selten ein glückliches Händchen bewiesen, wenn es um die Auswahl geeigneter I/O-Technologien für die hauseigenen Mac-Produkte ging. Beispiel FireWire 800: Seit acht Jahren wird es in fast allen Macs verbaut, doch die Nutzerschar und entsprechend auch das Angebot an passender Peripherie ist winzig klein. FireWire 800 war von Anfang an eine Sackgasse, und zwar eine, aus der Apple bis heute nicht mehr herausfand. Mit der Einführung der allerersten MacBook-Pro-Generation hatte Apple den FireWire-800-Port kurzfristig wegrationalisiert, aufgrund massiver Anwenderproteste machte Apple diesen Schritt mit der folgenden Modellgeneration dann aber wieder rückgängig.
Unterdessen ist FireWire eine tote Technologie und es ist ziemlich offensichtlich, dass Thunderbolt FireWire beerben soll. Klar ist allerdings auch, dass Thunderbolt einen schweren Stand hat. Mit USB 3 verfügen viele heutige PCs bereits über eine Schnittstelle, welche geschwindigkeitsmässig in derselben Liga spielt und die kompatibel ist zu einer riesigen Anzahl an Peripherieprodukten. Und da die technologischen Vorteile von Thunderbolt gegenüber USB 3 über weite Strecken eher theoretischer Natur sind, ist die Frage sicher berechtigt, ob Apple mit Thunderbolt auf das richtige Pferd setzt. Für Thunderbolt spricht sicherlich die Tatsache, dass Apple keinen zusätzlichen Stecker anbringen muss, sondern schlicht den Mini-DisplayPort-Anschluss ersetzen kann. Ausserdem steht mit Intel ein wichtiger Technologiepartner hinter Thunderbolt und Apple selbst verfügt heute natürlich auch über mehr Marktmacht als vor einigen Jahren, so dass sich Thunderbolt möglicherweise durchaus industrieweit etablieren könnte.

Wer heute einen iMac kauft, braucht sich um diese Frage ohnehin noch nicht sonderlich zu kümmern. Bis zum Erscheinen von ausgereifter Thunderbolt-Peripherie wird noch einige Zeit vergehen, doch die aktuellen iMacs sind weiterhin auch mit sämtlichen herkömmlichen Schnittstellen ausgerüstet. Einzig ein Wermutstropfen bleibt. Bisher war es möglich, Apples iMac über einen Adapter von HDMI auf Mini-DisplayPort beispielsweise mit einem externen Blu-ray-Player oder einer Spielkonsole zu verbinden. Mit dem neuen iMac ist dies nicht mehr möglich und wird es erst wieder sein, wenn Apple einen entsprechenden Thunderbolt-Adapter auf den Markt bringt.

Die Kraft der Kerne

Im neuen iMac verbaut Apple die neuste Generation an Intel-Prozessoren, welche erst im Januar eingeführt wurde und den Codenamen «Sandy Bridge» trägt. Sandy-Bridge-Chips werden in Intels 32nm-Fertigungsprozess hergestellt und vereinen die Rechenkerne, den L3-Cache und den Chipsatz auf einem einzigen Chip.
Sämtliche iMacs besitzen vier Prozessorkerne und verwenden Intels brandneue Turboboost-2.0-Technologie. Dank dieses Features passt der Prozessor die Taktrate der einzelnen Kerne laufend der aktuellen Rechenbelastung an. Der Clou dabei: Bei Bedarf werden einzelne Kerne automatisch abgeschaltet, während andere mit überhöhter Taktfrequenz betrieben werden. Dies lässt sich gut am Beispiel des Einstiegs-iMacs mit 2.5-GHz-Prozessor erklären. Normalerweise wird jeder der vier Kerne mit dem angegebenen Takt von 2.5 Gigahertz betrieben. Nun gibt es aber noch immer zahlreiche Programme, welche gar nicht in der Lage sind, ihre Rechenlast auf mehrere Prozessorkerne aufzuteilen. In einem solchen Fall werden drei der vier Prozessorkerne automatisch deaktiviert und der vierte läuft mit überhöhter Taktrate, kurzzeitig mit bis zu 3.3 Gigahertz.

Wer sich für einen iMac mit Core i7 entscheidet, kommt ausserdem in den Genuss der Hyper-Threading-Technologie, welche dafür sorgt, dass jeder Prozessorkern zwei virtuelle Rechenkerne bildet. In der Aktivitätsanzeige aus OS X werden dann stolze acht Kerne angezeigt, obwohl es sich in Tat und Wahrheit um einen Quad-Core-Chip handelt. Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die neuen Sandy-Bridge-Prozessoren je nach Modell einen massiven Geschwindigkeitsvorteil gegenüber den iMac-Konfigurationen aus dem Jahr 2010 versprechen.

Dieser Eindruck wird durch die Ergebnisse unterstrichen, welche unser Testgerät im Xbench-Benchmark erzielt. Sowohl hinsichtlich seiner puren CPU- als auch der Grafikleistung schlägt das iMac-Topmodell nicht nur die älteren iMacs deutlich, sondern liegt sogar noch vor dem aktuellen Mac Pro. Zwar ist gerade Xbench dafür bekannt, nicht in jeder Hinsicht absolut repräsentativ zu sein, aber es lässt sich kaum leugnen, dass im neuen iMac jede Menge Power steckt. Erste Anwendungsbenchmarks lassen darauf schliessen, dass je nach Programm durchschnittlich etwa mit einem Geschwindigkeitzuwachs von rund 25 Prozent im Vergleich zu den direkten Vorgängermodellen gerechnet werden darf. Dies klingt auf den ersten Blick wenig spektakulär, offenbart auf den zweiten Blick aber doch das Potential der neuen Prozessoren. Denn es darf nicht vergessen werden, dass die reine Rechenleistung nur einer von vielen Faktoren ist, wenn es um die Performance einzelner Anwendungen geht.

Was der Sandy-Bridge-Core-i7 wirklich zu leisten im Stande ist, zeigt folgender Vergleich mit einem 2.4 Gigahertz schnellen Core i5 der Arrandale-Architektur aus einem MacBook Pro des Jahres 2010. Für das Konvertieren eines HD-Filmtrailers für die Wiedergabe auf einem iPhone benötigte QuickTime auf dem MacBook Pro 81 Sekunden. Der iMac erledigt dieselbe Aufgabe in 30 Sekunden, ist also fast drei Mal so schnell. Und dabei hat der iMac sogar noch Luft nach oben, verwendet QuickTime doch lediglich sechs der acht Rechenkerne. Laut wird der iMac übrigens selbst unter Volllast nur selten, dafür wird das Gerät auf der Rückseite insbesondere im oberen Bereich stellenweise ziemlich warm.

Ausstattungssorgen

Während die Leistung des neuen iMacs zu überzeugen weiss, vermag die Ausstattung leider nicht vollends zu glänzen. Unser Testrechner befindet sich eindeutig im Hochpreissegment der heutigen Desktop-Computer und selbst der günstigste iMac zählt preislich locker zur gehobenen Mittelklasse. Vor diesem Hintergrund lässt die Ausstattung der Geräte in einigen Punkten doch arg zu wünschen übrig.

Dass Apple keine Blu-ray-Laufwerke verbaut und auch nie verbauen wird, ist wohl ein Gedanke, mit dem man sich abzufinden hat. Doch wenn Apple denkt, man solle sich seine Filmsammlung besser in Form von HD-Filmen aus dem iTunes Store lokal speichern, dann wäre etwas mehr Festplattenspeicher sicher nicht fehl am Platz. Wer seine Filme, Musik und Fotos auf dem iMac speichern möchte, hat die 500 oder 1’000 Gigabyte der neuen iMacs schnell belegt. Und wer künftig die neue Versionierungsfunktion von OS X Lion nutzen möchte, muss ohnehin mit einem sprunghaften Anstieg der benötigten Festplattenkapazität rechnen. Dies ist besonders ärgerlich, weil sich ein nachträgliches Aufrüsten der Festplatte bei den neuen iMacs relativ umständlich gestaltet. Apple selbst sieht offiziell nicht vor, dass der Anwender die Festplatte eines aktuellen iMacs selbst austauscht. Zwar ist ein Festplattentausch weiterhin möglich, zahlreichen Berichten aus dem Internet zufolge verträgt sich der iMac allerdings bei weitem nicht mit jeder beliebigen Festplatte. Aus Anwendersicht dürfte es am einfachsten sein, gleich beim Kauf darauf zu achten, genügend Festplattenspeicher auszuwählen.

Auch beim Arbeitsspeicher gibt sich Apple nicht eben grosszügig. Vier Gigabyte Speicher sind für einen Desktopcomputer des Jahres 2011 schlicht und ergreifend zu wenig. Ein Aufrüsten auf acht oder 16 Gigabyte kostet wenig Geld und dürfte für die überwiegende Mehrheit der Anwender eine lohnende Investition sein. Da von den vier Speicherplätzen des iMacs nur zwei ab Werk belegt sind, müssen die standardmässig verbauten Speicherriegel beim Aufrüsten nicht zwingend entfernt werden.

Fazit

Beim neuen iMac hat sich Apple mehr Evolution als Revolution auf die Fahnen geschrieben. Und die Evolution ist durchaus gelungen. Der Geschwindigkeitszuwachs im Vergleich mit den Geräten der letzten Serie darf als klar überdurchschnittlich bezeichnet werden. Da Apple zumindest einen Teil der Wechselkursgewinne an die Kunden weitergibt, sind die neuen iMacs nicht nur schneller, sondern hierzulande auch leicht günstiger geworden.

Die verbesserte FaceTime-Kamera stellt eher eine nette Kleinigkeit dar und auch Thunderbolt sollte bei der Kauffrage kaum matchentscheidend sein. In der Summe definiert sich der iMac nach wie vor über sein gelungenes Gesamtpaket. Und in dieser Hinsicht macht der iMac des Jahres 2011 - abgesehen von der mässigen Speicherausstattung - ohne Frage eine gute Figur. Er bietet ordentlich viel Rechenpower, ein sehr gutes Display und jede Menge nützliche Software.

Doch vor allem vermittelt der iMac durch sein elegantes Äusseres jenes seltene Gefühl von Qualität und Hochwertigkeit, welches so viele Desktoprechner vermissen lassen. Viel Leistung und eine gute Ausstattung bietet fast jeder heutige Desktopcomputer. Aber wo viele Standard-PCs einfach nur gewöhnlich und langweilig wirken, schafft es der iMac, den Anwender auf eine positive Weise zu begeistern und zum Verwenden des Computers zu ermutigen. Denn auch nach 13 Jahren nimmt der iMac noch immer wie kein zweites Gerät das ultimative Kompliment in Anspruch, welches man einem an sich öden Schreibtischrechner machen kann: Dass es Spass macht, mit dem Computer zu arbeiten.

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