Grosses Interview mit Jonathan Ive: «Einfaches Design ist aufwändig»

Apples Design-Chef Jonathan Ive hat der britischen Zeitung Sunday Times für deren gestrige Sonntagsausgabe ein ausführliches Interview zu seiner Arbeit bei Apple gegeben. Ive blickte auf seine vergangenen Jahre bei Apple zurück und wagte gleichzeitig einen Ausblick auf die nähere Zukunft.

Im Interview mit der Zeitung äusserte sich Jonathan Ive unter anderem über seine Zusammenarbeit mit dem im Herbst 2011 verstorbenen Apple-Gründer und -Visionär Steve Jobs. Bei dieser Zusammenarbeit handelt es sich um eine der erfolgreichsten in der Geschichte der IT-Industrie. Während Apple beim Einstieg von Ive und später bei der Machtübernahme durch Jobs kurz vor dem Bankrott stand, ist das Unternehmen heute mehrere 100 Milliarden US-Dollar Wert. Auch Ives Arbeit hat dazu beigetragen, dass Apple auf die Erfolgsspur zurückgefunden hat.

Steve Jobs und Ive hätten sehr viele Stunden zusammen verbracht, um an Produkten zu arbeiten, die schlussendlich nie den Weg an die Öffentlichkeit gefunden haben. Trotz der unterschiedlichen Temperamente der beiden Personen habe die Zusammenarbeit gemäss Ive sehr gut funktioniert. Wenn sie vor einem Produkt standen, sollen sie sich dieselben Gedanken gemacht und dieselben Fragen zum Produkt gestellt haben, so Apples Chef-Designer.

Auch wenn in den letzten Jahren viel über Steve Jobs geschrieben worden ist, erkenne Jonathan Ive nur in den wenigsten Beschreibungen seinen Freund wieder. Auch wenn er teilweise sehr streng gewesen sei, hatte er doch die richtigen Ideen, um das Unternehmen nach vorne zu bringen.

Wie Jonathan Ive ein neues Produkt gestaltet

Gegenüber der Sunday Times äusserte sich Jonathan Ive auch ausführlich über den Design-Prozess bei Apple.

In einem ersten Schritt frage sich der Designer, für was das neue Produkt stehen sollte und welche Funktionen es beinhalten wird. Wenn diese Fragen beantwortet worden sind widme sich der Designer der eigentlichen Arbeit, nämlich der Gestaltung des Gerätes. Ives Ansicht nach könne man ein Produkt erst verstehen, wenn man begriffen habe, wie es hergestellt wird.

Für die Gestaltung greift Ive nicht nur auf Ideen aus dem Umfeld von Apple zurück, sondern auch auf weitere Inspirationsquellen. Seiner eigenen Aussage zufolge arbeitete Ive in den 90er Jahren bei der Gestaltung der farbigen iMacs mit Süsswaren-Herstellern zusammen.
Für die Gestaltung der Aluminium-PowerBooks reiste er ins ferne Japan. Dort beobachtete Ive die Arbeit der Handwerker, welche das Aluminium sehr dünn verarbeiten konnten. Diese Beobachtungen waren anschliessend die Grundlage dafür, um ein Notebook aus Aluminium herstellen zu können.

Konkurrenz erspart sich tausende Stunden Arbeit

Mit Blick auf die Konkurrenten äusserte sich Jonathan Ive kritisch zu deren Übernahme des Apple-Designs. Unternehmen wie Samsung ersparen sich gemäss Ive «tausende Stunden Kampf» bei der Gestaltung ihrer Produkte, indem sie das Design der Apple-Produkte übernehmen.

Mit der Übernahme des Designs stehlen die Unternehmen nicht nur die Form von Apple, sondern auch die tausenden Stunden Arbeit und Mühen, die hinter dem Produkt stehen, so Ive.

«Unser Design ist nicht minimalistisch»

Die Frage der Zeitung, ob er ein minimalistischer Mensch sei, verneinte Ive. Für ihn beschreibe dieses Wort nicht, was er tue und welche Design-Ziele er bei Apple verfolge. Auch wenn das Ergebnis im Endeffekt simpel und intuitiv erscheine, bräuchten die Designer bei Apple doch «lächerlich» lange, um die Produkte so zu gestalten. Diese lange Arbeit sei gemäss dem Designer auch notwendig, um später bei den Kunden eine emotionale Bindung zu den Produkten schaffen zu können.

Bei einem Jahr Urlaub würde er sich mehr seinen Freunden widmen

Am Ende des Interviews antwortete Jony Ive noch auf 10 Kurzfragen der Zeitung. Beispielweise, was er tun würde, wenn er ein Jahr Urlaub bei Apple machen könnte. Die Frage beantwortete der Desinger mit der Aussage, dass er sich dann mehr seinen Freunden widmen würde. Sein Ziel wäre es zudem, etwas mit dem Edelmetall Silber zu machen. Ives Vater war ein Silberschmied. Ausserdem kam beim Interview heraus, dass niemand aus seinem Umfeld ihn mit seinem Titel «Sir» anspreche. Im Jahr 2012 wurde Jonathan Ive zum «Knight Commander of the British Empire» geschlagen.

Von Patrick Bieri
Veröffentlicht am

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