Kampf gegen Kinderpornografie – Wie weit soll Privatsphäre eingeschränkt werden?
Die US-Justiz konnte einem Mann den Besitz von Kinderpornografie nachweisen, weil Google den Mail-Eingang aller Nutzer automatisch durchsucht. Die Verhaftung des Mannes ist ein grosser Erfolg im Kampf gegen den Kindesmissbrauch. Trotzdem stellen sich komplexe Fragen: wie weit dürfen Internet-Konzerne ihre Nutzer durchleuchten? Wer entscheidet, welche Erkenntnisse an die Behörden weitergegeben werden? Sollen alle technischen Möglichkeiten ergriffen werden, um Verbrechen zu bekämpfen?
In den letzten Monaten wurden mehrere Fälle bekannt, in welchen Internet-Konzerne den Strafverfolgungs-Behörden Hinweise auf Kinderpornografie lieferten. In einem Fall informierte Google die US-Behörden über einen Mann, der über sein Gmail-Konto kinderpornografische Bilder verschickt hatte. In einem zweiten Fall hatte ein Mann entsprechende Bilder bei OneDrive von Microsoft gespeichert.
Die beiden Fälle zeigen exemplarisch, wie stark die Internet-Nutzer heute durchleuchtet werden. Aufgrund von automatischen Such-Algorithmen ist es den Internet-Konzernen möglich, das Verhalten der Nutzer zu überwachen.
Mit der Eröffnung eines Google-Kontos bzw. dem Akzeptieren von Googles Geschäftsbedingungen erteilt der Nutzer dem Suchmaschinen-Riesen die Erlaubnis, den Posteingang zu durchsuchen. Diese Funktion war ursprünglich zur Schaltung von personalisierter Werbung gedacht. Heute ist der Einsatzbereich grösser. Auch Microsoft hat mittlerweile verlauten lassen, dass man die Mail-Postfächer entsprechend durchsuche.
Die Meinungsfreiheit endet beim Kindesmissbrauch
Googles Chefjurist Dave Drummond hat in einem Beitrag die Grenzen der Meinungs- und Informationsfreiheit klar definiert. Seiner Ansicht nach endet die Meinungsfreiheit dann, wenn es um den Missbrauch von Kindern geht. Damit legitimiert er Googles Politik zur Weitergabe von Informationen, wenn ein Verdacht auf Kindesmissbrauch vorliegt.
Auch Googles Verwaltungsratspräsident Eric Schmidt stützt die Haltung des Unternehmens-Juristen. Schmidt erklärte im letzten Jahr, dass Google Technologien entwickle, um «das Problem [den Kindesmissbrauch] zu bekämpfen».
Freiwilliger Kampf gegen Kinderpornografie
Google wäre in den USA nicht dazu verpflichtet, aktiv nach illegalen Inhalten zu suchen. Wenn das Unternehmen Hinweise auf illegale Inhalte erhält, dann muss es die zuständigen Behörden informieren.
Google hat sich bewusst dazu entschlossen, im Kampf gegen Kinderpornografie mehr zu tun, als gesetzlich vorgeschrieben ist. Bei anderen Verbrechen hat sich Google bewusst gegen dieses Vorgehen entschieden.
Schweizer Stimmbürger wollen Kinder schützen
Die von Google gezogene Grenze dürfte auch in der Schweiz auf Zustimmung stossen. Die Schweizer Stimmbevölkerung hat in den letzten Jahren immer wieder klar gemacht, dass sie Kinder vor Übergriffen schützen will. Dem Eingriff in die Grundrechte der Täter wurde damit bewusst zugestimmt.
Weitreichender Eingriff in Privatsphäre
Google scheint sich in seiner Rolle als Hilfspolizist selbst nicht wohl zu fühlen: das Unternehmen meldet den Behörden nur Fälle von Kinderpornografie. Andere Verbrechen, wie Mord oder Drogenhandel, werden den Behörden nicht gemeldet.
Googles Vorgehen kollidiert mit der Erwartung der Nutzer, dass die übermittelten Informationen privat bleiben. Die Nutzer haben sich mittlerweile daran gewöhnt, dass der Posteingang automatisch durchsucht wird, um personalisierte Werbung zu schalten. Dass die Informationen auch genutzt werden, um Verbrechen aufzuklären, stellt einen weitreichenderen Eingriff dar.
Datenschutz bleibt wichtig
Googles Vorgehen zeigt, welche technischen Möglichkeiten zur Verbrechensbekämpfung vorhanden sind. Mit einer grossflächigen Überwachung könnten einige Verbrechen schneller aufgeklärt werden. Diese höhere Erfolgsrate bei der Verbrechensbekämpfung müsste allerdings teuer erkauft werden: die Privatsphäre aller Nutzer würde stark eingeschränkt.
Diejenigen, welche ihre Verbrechen vertuschen möchten, hätten trotz einer verstärkten Überwachung die Möglichkeit, über gesicherte Kanäle zu kommunizieren. Die vorsichtigeren Verbrecher könnten sich der Massenüberwachung entziehen, während die Freiheit der Bevölkerungs-Mehrheit eingeschränkt würde.
Die Bevölkerung erachtet die Privatsphäre weiterhin als sehr wichtig. Der vom Bund geplante Ausbau der Überwachungs-Möglichkeiten stösst deshalb auf Kritik.
Schutz der Schwächsten
Google wird die eigenen Anstrengungen zur Verbrechensbekämpfung wohl nicht ausbauen. Bei Google ist man sich wahrscheinlich bewusst, dass der Einbezug von weiteren Verbrechen zu einer lückenlosen Überwachung führen könnte.
Der Kampf gegen Kindesmissbrauch ist allerdings ein wichtiger Schritt des Suchmaschinen-Konzerns. Das Unternehmen schützt mit der gezielten Überwachung die Schwächsten der Gesellschaft: unsere Kinder.
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4 Kommentare
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Kommentar von Patrick Bieri
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