LGs «UltraFine»-Displays, Apple und die Schweiz

Die für das neue MacBook Pro entwickelten hochauflösenden «UltraFine»-Bildschirme von LG wurden vor mittlerweile einem Vierteljahr vorgestellt. Weltweit im Handel, ausser in der Schweiz. Warum weiss niemand — anscheinend nicht einmal LG.

Stefan Rechsteiner

Dürrenmatt und Frisch hätten das Drama nicht besser schreiben können: Zuerst muss die Welt monatelang auf neue Mac-Computer von Apple warten. Dann, als das Unternehmen die neuen MacBook Pro mit dem Gespann hochauflösender Displays von LG vorstellt, geht das Warten weiter. Die neuen 4K-Displays sind kaum erhältlich — und die, die ausgeliefert werden, kommen mit Deutschen statt Schweizer Stromsteckern bei den hiesigen Bestellern an. Und das 5K-Display? Interessenten müssen noch weitere Wochen ausharren. Als dann kurz vor Weihnachten auch die grossen Displays endlich auf dem Markt lanciert werden, gibt es sie überall — ausser in der Schweiz.

Die genauen Gründe dafür bleiben unbekannt. Auch bei den hiesigen Apple- und LG-Verantwortlichen gibt es nicht mehr nützliche Infos. Der Mac-Hersteller ist zwar exklusiver Vertreiber der UltraFine-Displays, verkauft diese aber eben nur, sieht sich entsprechend nicht für das Produkt an sich zuständig. Der Hersteller LG sei ein Drittverkäufer im Apple Store, wie jedes andere Unternehmen auch, deren Produkte dort verkauft werden. LG aber bietet das Display für den Schweizer Markt nicht an.

Der Display-Hersteller wiederum schiebt die Verantwortung zuerst in Richtung Apple — die seien schliesslich für den exklusiven Vertrieb zuständig.
Bei unserer jüngsten Anfrage hiess es dann kürzlich seitens LG, dass in allen Ländern Europas die Nachfrage «deutlich grösser als erwartet» ausfiel. Die lokale LG-Niederlassung konnte uns nur bedingt Aussagen zum Thema Verfügbarkeit machen. Alles von Kommunikation über Konfiguration und Bestellung liefe ausschliesslich über den Apple-Hauptsitz in den USA zu LG in Korea. So zog unsere Anfrage in der Folge auch ihre Runden nach Seoul.

Stecker-Problem gelöst

Aus Südkorea hiess es dann, dass das von uns thematisierte Problem mit den Schweizer Netzsteckern bekannt sei, aber «bereits vor einigen Wochen» ausgeräumt worden sei. Es seien daraufhin (bereits vor mehreren Wochen) auch Geräte per Luftfracht in die Schweiz verschickt worden — was der hiesigen LG-Niederlassung Schweizer Logistiker auch bestätigt hätten.

Da die 5K-Displays hierzulande nie und die 4K-Displays nur während kurzer Zeit angeboten wurden, dürfte es sich bei den von LG genannten Lieferungen um 4K-Displays von vor der Markteinführung des 5K-Displays handeln.

Auch aus Seol gibt es weiterhin keine Infos darüber, warum die UltraFine-Displays in der Schweiz generell nicht verfügbar sind. Apple sieht sich nicht verantwortlich — wenn keine Geräte angeboten werden, können auch keine verkauft werden — und LG scheint offensichtlich selbst nicht zu wissen, warum sie die Displays hierzulande nicht anbieten.

Technische Probleme bei den neuen Displays

Abgesehen von der Nicht-Verfügbarkeit in der Schweiz plagen die UltraFine-Displays aber auch technische Probleme. Im Januar kamen verschiedene Berichte auf, wonach die Bildschirme zu Flackern begannen oder sich gar unangemeldet Abschalteten und dabei oft auch den Mac mit sich zogen, wenn sie in der Nähe einer WLAN-Basisstation aufgestellt wurden. Betroffen waren jedoch nicht alle Geräte und auch nicht in Kombination mit allen Routern. Anfangs wurden noch schlecht abgeschirmte Thunderbolt-3-Kabel als Ursache dafür verantwortlich gemacht, doch das Problem wurde dann schnell im Display selbst entdeckt. LG hat auf das Problem reagiert und verbaut seit diesem Monat besser abgeschirmte Displays. Ältere Modelle sollen «von Fall zu Fall» von LG umgerüstet werden. Im Zuge der Abschirmungsprobleme verlängerte sich die Lieferzeit der UltraFine-Displays weltweit markant — ausserdem sollen die Displays gar vorübergehend aus den Apple Stores entfernt worden sein. Aktuell betragen die Lieferzeiten beispielsweise in den USA oder in Deutschland 2 bis 4 Wochen.

Des Weiteren soll es auch noch Probleme bei den Einstellungen für das Display und beim Ruhezustand beim Mac mit angeschlossenem UltraFine geben. Mit dem kommenden macOS-Update auf Version 10.12.4 sollen diese Probleme aber womöglich ausgeräumt werden.

Das Erbe von Apples Thunderbolt-Displays

Die hochauflösenden UltraFine-Displays wurden von LG zusammen mit Apple entwickelt und beerben die Thunderbolt-Displays des Mac-Herstellers. Apple hat im vergangenen Sommer die Herstellung und den Vertrieb eigener Displays eingestellt. Vorgestellt wurden die «UltraFines» im Oktober zusammen mit den neuen MacBook-Pro-Modellen (Review: 13-Zoll MacBook Pro und 15-Zoll MacBook Pro mit Touch Bar).

Die Displays sind für die Nutzung mit den neuen Mac-Notebooks konzipiert und verfügen über eine hochauflösende 4K- (21.5-Zoll) oder 5K-Auflösung (27-Zoll). Beide Modelle können den erweiterten Farbraum P3 darstellen, verfügen über integrierte Lautsprecher und eine Webcam mit Mikrofon und können über das superschnelle Thunderbolt-3-Interface über die vielfältige USB-C-Buchse mit dem Mac verbunden werden. Über dieses eine Kabel werden neben den Bild- und Ton-Signalen auch der Strom für das Notebook und sonstige Daten übertragen. Die Displays verfügen zudem über weitere USB-C-Steckplätze um zusätzliche externe Geräte wie Festplatten oder Drucker anschliessen zu können.

Um das Wachstum des neuen USB-C-Ökosystems anzutreiben, reduzierte Apple im November die Preise aller USB-C- und Thunderbolt-3-Peripheriegeräte, sowie die Preise der USB-C-Adapter und -Kabel des Unternehmens. Die Aktion lief zuerst bis Ende 2016, wurde mittlerweile aber auf bis Ende März verlängert. Damit kostete das 4K-Display in der Schweiz statt CHF 749.– nur noch 561 Schweizer Franken und das 5K-Display hätte statt angekündigt CHF 1349.– nur noch 1011 Schweizer Franken gekostet — würden sie denn hierzulande überhaupt angeboten werden.

Bestellung weiterhin nur über das Ausland

Schweizer Interessenten, die sich ein neues 4K- oder 5K-Display von LG für ihre neuen MacBook Pro (oder auch älteren Macs) zutun wollen, müssen daher vorerst weiterhin auf eine internationale Bestellung zurückgreifen. Das Display kann so beispielsweise über den Deutschen Apple Online Store bestellt werden. Da die Bestellung nicht direkt in die Schweiz geliefert werden kann, muss beim Check-Out ein Pick-up-Point in Deutschland ausgesucht werden. Zum Beispiel einen direkt an der Grenze — Waldshut, Tiengen, etc. So kann das Display auch mit Schweizer Kreditkarte in Deutschland gekauft und nahe der Grenze abgeholt werden.

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4 Kommentare

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Kommentar von Glenmorangie

Es wäre ausserordentlich zuvorkommend, wenn sich unser Früchtehändler zum Verkauf des 4K Displays in der Schweiz entschliessen können, bevor die Aktion zu Ende ist. Auch wenn die USB-C Anschlüsse eine eingeschränkte Geschwindigkeit haben, ist der Monitor meiner Meinung nach momentan die beste Lösung für ein 12” MB.

Kommentar von phreichmuth

Spannend, genau auf Ende der Vergünstigung sind die Bildschirme dann auch in der Schweiz verfügbar… Und wer die Geschichte mit den schweizer Netzkabeln glaubt, glaubt wohl auch noch an den Weihnachtsmann - ein grosser, weltweiter Elektronikkonzern, der ein halbes Jahr brauht, um schweizer Netzkabel aufzutreiben…???!!! Das Ganze sieht viel eher nach gezielter Abzocke der ach so wohlhabenden Schweizer aus. Frechheit sowas!

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