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Road to iPhone 5s: A7 und M7 – 64-bit Architektur, Coprozessor und Grafik-Boost
Am Freitag, 20. September, kommt die siebte iPhone-Generation «iPhone 5s» in ausgewählten Ländern auf den Markt. In den USA, UK, Deutschland, Frankreich, China, Japan und einigen weiteren Ländern wird man ab Freitag die Möglichkeit haben, das neue iPhone-Modell zu kaufen. Wann das neue Modell auch in der Schweiz erhältlich sein wird, kann uns auch Apple Schweiz nicht mitteilen. Apple kündigte vergangene Woche einzig an, dass die neuen iPhones «bis im Dezember» in 100 weiteren Märkten verfügbar sein soll. Vermutlich wird es Oktober oder November, bis das iPhone 5s auch hierzulande verfügbar sein wird. Das neue iPhone bringt neben seinen neuen Farbvarianten «Gold» und «Spacegrau» unter anderem ein neues Kamera-System, neue Prozessoren und ein Fingerabdruck-Leser.
In einer dreiteiligen Artikel-Serie beleuchten wir die Highlights von Apples neuem High-End Smartphone «iPhone 5s»:
- A7 und M7: 64-bit Architektur, Coprozessor und Grafik-Boost
- Neues Kamera-System
- Fingerabdruck-Sensor «Touch ID»
A7 und M7: 64-bit Architektur, Coprozessor und Grafik-Boost
Das neue iPhone 5s verfügt über einen neuen Prozessor. Der «A7» genannte System-on-a-Chip (Soc) ist ein von Apple entwickelter Chip, welcher erstmals auf der 64-bit Architektur basiert. Apples A7 ist der erste Smartphone-Prozessor mit 64-bit. Laut Experten dürfte Apple der Konkurrenz mit diesem Prozessor etwa ein Jahr voraus sein, denn die Konkurrenz um ARM, Qualcomm, Samsung, Nvidia und Intel arbeiten derzeit erst an entsprechenden Systemen. Erste 64-bit Geräte der Konkurrenz werden wohl frühestens im Verlaufe des nächsten Jahres auf den Markt kommen. Konkurrent Samsung zum Beispiel hat bereits angekündigt, dass die nächste Galaxy-Smartphone-Generation ein 64-bit-Prozessor haben wird — jedoch müsse man auf diese noch etwas warten.
64-bit Architektur
Der Übergang von der heutigen 32-bit Architektur auf die 64-bit Architektur beim neuen iPhone 5s erinnert auf den ersten Blick an die Umstellung von 32-bit auf 64-bit beim Macintosh, die im Sommer 2003 mit dem Power Mac G5 eingeläutet wurde und eigentlich noch heute nicht ganz abgeschlossen ist. Diese Umstellung dauerte entsprechend mehrere Jahre: zum einen mussten alle neuen Mac-Modelle standardmässig mit 64-bit Prozessoren ausgestattet werden (dauerte bis Ende 2006), daneben musste das Betriebssystem Mac OS X für 64-bit angepasst werden und schlussendlich mussten auch alle Programme für die neue Architektur optimiert werden. Mac OS X 10.4 Tiger war das erste Mac-Betriebssystem, welches eine eingeschränkte Unterstützung für die neuen 64-bit-Prozessoren bot. Erst 2009, zwei Major-Updates später, folgte mit Mac OS X 10.6 Snow Leopard ein System, welches auch über einen 64-bit Kernel und 64-bit Finder verfügte. Auch konnten die meisten Programme von Apple erst mit dem Schneeleoparden von 64-bit profitieren. Noch heute gibt es unzählige Mac-Programme von Drittentwicklern, die nicht für 64bit kompiliert wurden.
Der Benutzer merkte diesbezüglich in all den Jahren kaum etwas von der Umstellung — Apple hatte es geschafft, dass die Thematik «32- oder 64-bit» gänzlich im Hintergrund gelöst wurde. Programme, die nicht für 64-bit optimiert sind, laufen schlicht im 32-bit-Modus — der Benutzer merkt davon nichts. Das Einzige, dass ein Benutzer von der Umstellung natürlich bemerkte, ist der allfällige Leistungsschub bei verfügbarer 64-bit-Architektur.
Die Umstellung auf 64-bit wird bei der iOS-Plattform nun signifikant schneller vonstatten gehen. Apple hat das System mit iOS 7 bereits für die 64-bit Architektur angepasst. Wie tief diese Unterstützung ist, ist derzeit jedoch noch nicht bekannt. Es kann davon ausgegangen werden, dass Apple das System bereits jetzt komplett für 64-bit kompiliert hat.
Mit dem iPhone 5s kommt diese Woche das erste iOS-Gerät mit 64-bit Chip auf den Markt — höchstwahrscheinlich dürfte noch in diesem Herbst ein iPad ebenfalls mit 64-bit-SoC folgen.
Apples Entwicklungsumgebung Xcode macht es Entwicklern einfach, ihre Apps für 64-bit zu optimieren.
Dank Apples Kontrolle über das System und die Entwicklerwerkzeuge, wird die Umstellung der iOS-Plattform von 32-bit auf 64-bit wohl relativ zügig vonstatten gehen.
Ein Vorteil von 64-bit Systemen ist es, dass diese mehr als 4 GB Arbeitsspeicher verwenden können. Während meist nur auf diesen Vorteil hingewiesen wird, bieten 64-bit Prozessoren aber noch weitere Vorteile. Der Umstand, dass mehr als 4 GB Arbeitsspeicher adressiert werden können, ist zudem aktuell eher irrelevant. Das iPhone 5 verfügt über 1 GB RAM. Beim neuen iPhone 5s fehlen zwar entsprechende Informationen aktuell noch, man spekuliert aber über 2 GB RAM. Bei der Android-Konkurrenz ist man ebenfalls in diesem Gebiet — das Samsung Galaxy Note 3 wird gar 3 GB Arbeitsspeicher beherbergen. Die Grenze von 4 GB werden Smartphones geschätzt wohl erst 2015 überschreiten — erst dann werden 64-bit Prozessoren also wirklich «notwendig».
64-bit Systeme sind aber bereits heute nützlich, denn solche Prozessoren können theoretisch nicht nur mehr Arbeitsspeicher ansprechen, sondern verfügen auch über grössere «Register». In diese als «Register» benannten kleinen Speicher im CPU werden jene Daten geladen, welche vom CPU berechnet werden müssen. Bei 32-bit Systemen sind die Register 32 Bit gross, Prozessoren mit 64-bit können entsprechend 64 Bit pro Register fassen. Das heisst ein 64-bit-Prozessor kann mit grösseren Daten umgehen.
Ein vereinfachtes Beispiel: Ein 256-bit grosser Datensatz benötigt bei einem 32-bit Prozessor 8 Operationen, während ihn ein 64-bit Prozessor in 4 Operationen berechnen kann.
Ganz so einfach wie dieses Rechenbeispiel ist es jedoch nicht, da noch weitere Logik dazukommt. Dieses Beispiel zeigt aber (unter anderem), wieso der neue Prozessor, wie von Apple beworben, «2x so schnell» ist, wie der A6-Prozessor des iPhone 5. Die 64-bit Architektur und weitere Optimierungen wie wahrscheinlich auch eine angepasste Taktrate und weitere technische Finessen sorgen für den Performance-Schub beim neuen Prozessor.
Die neue 64-bit-Leistungssteigerung wird man vor allem bei rechenintensiven Aufgaben zu spüren bekommen — wie Multimedia-Apps und Programmen mit intensiver Grafik-Nutzung. Einfache Text-Apps (z.B. wie «Notizen») und ähnliche Programme werden wohl vorerst kaum von der 64-bit Architektur profitieren können.
Auch für «Apple TV» könnte ein 64-bit Prozessor eine Rolle spielen. Eine künftige Apple-TV-Generation, die mit den neuen Konsolen von Microsoft und Sony und den zahlreichen neuen intelligenten Fernsehern der Konkurrenz mithalten will, könnte bereits in naher Zukunft auf mehr als 4 GB Arbeitsspeicher setzen müssen — was ein 64-bit System voraussetzt.
Microsofts neue Konsole «One» und Sonys «PS4» werden beide über 8 GB RAM verfügen.
Viele sehen beim neuen 64-bit A7 auch die Möglichkeit, dass Apple in naher Zukunft ein Mac-Laptop mit einem A-Prozessor vorstellen wird — mit dem Endziel, dereinst iOS und OS X zusammen zu führen.
Bessere Grafik
Nicht nur die CPU soll bis zu doppelt so schnell arbeiten wie jener des iPhone 5, auch die Grafikleistung wird laut Apples Angaben um den Faktor 2 verbessert. Mitunter neuen Technologien wie Version 3.0 von OpenGL ES verdankt die Grafikeinheit des A7 diese Leistungssteigerung.
Ein im A7 integrierter neuer «Image Signal»-Prozessor bietet dem neuen Kamera-System des iPhone 5s zudem einen bis zu zwei mal schnelleren Autofokus, erlaubt schnelleres Fotografieren und die für die «Slo-Mo»-Funktion notwendige höhere Bildrate beim Aufzeichnen von Videos (neu bis zu 120fps).
Secure Enclave für «Touch ID»
Auch für die Berechnung und Verschlüsselung der Fingerabruck-Daten der neuen «Touch ID»-Funktion des iPhone 5s wird der A7 benötigt. Mehr dazu im in dieser Serie folgenden ausführlichen Artikel über die «Touch ID».
M7 Motion Coprozessor
Im neuen iPhone 5s steckt erstmals ein sogenannter «Motion-Coprozessor». Der als «M7» bezeichnete Chip berechnet künftig alle Daten, die die verschiedenen Sensoren des Gerätes liefern. Für die Berechnungen des digitalen Kompasses, des 6-Achsen Gyroscopes und des Beschleunigungsmessers muss beim neuen iPhone also nicht mehr der Hauptprozessor, der bei diesen Berechnungen masslos unterfordert wäre, «hinhalten», sondern diese Daten werden neu jederzeit vom M7 berechnet. Diese Berechnungen benötigen somit auch weniger Energie, da dafür nicht immer der A7 hinzugezogen werden muss. Derweil kann sich der A7 auf seine anderen Aufgaben konzentrieren.
Neben den Leistungs- und Energie-Vorteilen bietet der M7 aber auch noch weitere Vorteile. Aufgrund der Daten, die der Coprozessor unter anderem auch im Verbund mit GPS berechnet, kann der Prozessor zum Beispiel auch herausfinden, wann der Benutzer des iPhones in einem Auto fährt, zu Fuss unterwegs ist oder rennt.
iOS 7 selbst beinhaltet bereits einige Funktionen, die auf diese intelligenten Berechnungen basieren. Beispielsweise wechselt die Karten-App von iOS 7 automatisch von der Auto- zur Fussgänger-Navigation, wenn man das Auto parkiert und zu Fuss weitergeht. Oder das System unterbindet dank Auswertungen vom M7 das automatische Verbinden auf WLAN-Netzwerke, wenn man sich an solchen vorbei bewegt. M7 merkt zudem, wenn man sich für längere Zeit nicht bewegt hat (z.B. wenn man schläft und das iPhone abgelegt hat). In diesem Falle reduziert das System dank der entsprechenden Anweisung vom M7 die Häufigkeit des Standort-Abgleichs mit der nächsten Mobiltelefon-Antenne — dadurch wird Akku gespart.
Durch neue APIs haben Entwickler Zugriff auf Daten, die der M7 berechnet. Dazu gehören ein Schrittzähler oder ein Motion Activity Detector (stehend, laufend, rennend, Fahrzeug oder unbekannt). Man darf gespannt sein, was für neue Fitness- und Gesundheits-Apps — und noch Unerwartetes — dank M7 in Zukunft auf den Markt kommen werden.
In künftigen Modellen dürfte Apple wohl weitere Operationen auf eigene Coprozessoren auslagern. Motorola macht dies beim «Moto X» bereits mit zwei «Natural Language»- und «Contextual Awareness»-Coprozessoren. Ein eigener Coprozessor z.B. «S8» genannt für Siri-Operationen wäre für die nächste Ausgliederung wohl prädestiniert.
Unterstütende Quellen: CannyVision, Gizmodo und Apple.
Von Stefan Rechsteiner
Veröffentlicht am