Weniger Musik-Verkäufe: haben wir zu wenig Zeit zum Musik hören?

Zu Beginn des Jahres veröffentlichte das Marktforschungsunternehmen Nielsen eine Studie über die Anzahl der digitalen Musikdownloads. Gemäss den Berechnungen des Unternehmens sank im Jahr 2013 erstmals seit Beginn der Erhebung die Anzahl der heruntergeladenen digitalen Musikstücke. Die Marktforscher machten für diesen Trend die Streaming-Angebote von Pandora, Spotify und «iTunes Radio» verantwortlich.

Asymcos Analyst Horace Dediu hat in dieser Woche seine Einschätzungen zu den sinkenden Musikdownloads veröffentlicht. Seiner Ansicht nach können die Streaming-Dienste alleine nicht für den Rückgang der Downloads verantwortlich sein. Dediu geht in seinem Kommentar davon aus, dass die Nutzer immer weniger Zeit haben, Musik zu hören. Die Anwender haben ein fixes Zeit-Budget, welches durch immer neue Angebote in Anspruch genommen wird. Je mehr Zeit die Nutzer damit verbringen, Apps zu nutzen, desto weniger Zeit verbleibt, um sich auf die Musik zu konzentrieren. Während die Nutzer früher ihre Zeit zum Hören von Musik genutzt haben, haben sie nun ein viel breiteres Angebot, sich zu unterhalten.

Horace Dediu äussert sich in seinem Kommentar allerdings nicht zum Argument, dass das Hören von Musik und die Nutzung der Apps auch parallel ablaufen kann. So dürfte insbesondere das Lesen von Zeitungen oder der Austausch von Nachrichten über das Smartphone oftmals von Musik begleitet werden. Allerdings ist es nicht mehr notwendig, Musik zu hören, um ein freies Zeitfenster zu überbrücken.
Von der App-Nutzung stärker beeinträchtigt sein dürfte die Wiedergabe von Filmen oder anderen Medien-Inhalten über das Smartphone. Während die Musik bei der Nutzung der Apps auch im Hintergrund abgespielt werden kann, haben die Betrachter anderer Medien-Inhalte keine freie Wahl und müssen sich für ein Medium entscheiden.

Durch die immer stärkere Nutzung von Apps könnten die Nutzer auch das Interesse an anderen Medien-Inhalten verlieren. Bei der parallelen Nutzung mehrerer Dienste nimmt zudem die Aufmerksamkeit, die man für ein Medium aufbringt, ab. Für Horace Dediu ist deshalb klar, dass für die klassischen Medienanbieter die Apps zu einer grossen Konkurrenz geworden sind. Bislang haben diese Unternehmen die Gefahr allerdings noch nicht erkannt, weil es sich um ein relativ neues Phänomen handelt. Es wird sich zeigen, wie sich dieser Trend weiterentwickeln wird.

Von Patrick Bieri
Veröffentlicht am

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