Think Different?

Der MacFan und seine Lebensmaxime in den Zeiten von Mac mini und iPod shuffle

«Think Different» war weit mehr als eine Werbekampagne, es war das Begriff gewordene Leitbild einer ganzen Gemeinschaft, der MacUser. Aber ist dieses Ideal eigentlich noch zeitgemäss? Hat es sich nicht überholt? Oder sind die Worte zwar noch dieselben, aber ihre Bedeutung ist eine andere geworden? Heisst «Think Different» als Lebensmaxime heute womöglich einfach etwas anderes als noch vor wenigen Jahren?

Alex Robert Bulgheroni

Der Mensch ist ein Herdentier, was bisweilen genau das Richtige ist, doch manchmal sollte man sich auch in Erinnerung rufen und entsprechend handeln: think different - auch und gerade als MacUser (dargestellt, diskutiert und hinterfragt an den Beispielen «Podcast», «Mac mini» und «iPod shuffle»).

Was wäre, wenn der aller erste Podcaster nicht Adam Curry, sondern beispielsweise Matt Groening gewesen wäre? Hätte Mr. Groening den Wunsch verspürt, absolut jedem auf diesem Planeten auf einfachste Weise seine Comics zukommen zu lassen und wäre er damit Herrn Curry zuvorgekommen, dann wären heute womöglich 999 von 1000 Podcasts nicht mp3-Files, sondern ganz normale jpeg-Files, denn das entscheidende Rädchen im ganzen Prozess heisst: RSS 2.0; und das erlaubt es bekanntlich, endlich nicht mehr nur Text zu feeden, sondern eben auch mp3 oder zum Beispiel gif. Und seit dem iPod photo könnte man sich diese Comics in der Tat als iPod photo slideshow reinziehen. Es wäre also auch hierfür alles da, nur macht das niemand, denn alle rennen jetzt der Curryschen Urform nach anstatt mal kurz zu verweilen und sich mit dem Thema zu beschäftigen: nicht jeder ist ein Guru vor dem Mikrophon oder zumindest skrupellos genug, die Welt mit seiner nicht on-air-tauglichen Stimme zu nerven. Allein, wie eben gesagt: RSS 2.0 sei dank, das muss man gar nicht sein! Wer sich besser mit Comics und Bildern oder zumindest Texten, die er nicht selbst liest und für die er oder sie keinen Vorleser/keine Vorleserin findet, ausdrückt, der braucht deswegen nicht den Kopf in den Sand zu stecken, im Gegenteil: hier kann man noch zum absoluten Podcast-Pionier werden, denn entsprechende Angebote gibt es schlicht noch nirgends! Stattdessen aber: die Herde folgt brav ihrem Leithammel und der kennt nichts anderes als: mp3-Files feeden und die HP nutzt man nur, um den Inhalt des Podcast kurz anzugeben und damit die Leute ihre Kommentare zum Podcast machen können. Das kann man so machen, spricht absolut nichts dagegen, keine Frage, allein, man muss es nicht: Think different, schliesslich willst du doch zur Apple-Herde gehören…*g*...aber manchmal bedeutet «think different» auch: hör endlich auf, immer anders denken zu wollen und denk endlich mal wie alle anderen auch und bring endlich diesen Niederpreissegment-Mac und den Flash-iPod (und mach deinen Podcast wie alle anderen auch)! Die eigentliche Kunst liegt also scheinbar darin, zu wissen, wann und wobei Originalität genau richtig ist und wann bzw. wo es einfach nur in eine Sackgasse führt - aber stimmt diese Überlegung denn auch? Heisst «Think different» heute in der Tat vor allem: denk anders als damals, als du noch der Überzeugung warst, du müsstest nach dem Prinzip «Think Different» denken, handeln, leben?

Damit kommen wir zum eigentlichen Thema dieses Kommentars: Woran soll er sich eigentlich heutzutage orientieren, der MacUser? Was gilt jetzt eigentlich noch? Piratenflagge oder Nadelstreifenanzug? Oder sind es einfach nur diese einfachen Schwarz-Weiss-Klischees, die sich als Irrtum entpuppen und nun der Realität angepasst werden?

Der Mac ist nach amerikanischem Rechtsempfinden dieses Jahr volljährig geworden - im Leben eines Menschen ist dies ein eigenartiger Moment, weil sich irgendetwas verändert hat, man aber noch nicht verstehen kann, was sich denn wohl verändert haben möge, denn man sieht noch genau gleich aus wie gestern, fühlt sich noch wie gestern, hat noch dieselben Ziele, Träume und Ideale wie gestern - von Veränderung kann also scheinbar überhaupt keine Rede sein; nur irgendwo im Hinterkopf hält man mal fest: da könnte vielleicht noch was auf mich zukommen von dem ich im Moment noch nichts weiss, noch nicht mal was ahne, schauen wir mal. Nun ist nicht nur der Mac volljährig geworden, auch Apple hat sich irgendwie verändert in wesentlichen Teilen und der MacUser stellt nur fest: irgendwie hat der Wind gedreht, aber ich weiss noch nicht, was das zu bedeuten hat, geschweige denn, wie ich mich nun zu verhalten habe. Das junge, wilde, aufmüpfige, herausfordernde «Think Different» ist nur noch eine Werbekampagne längst vergangener Zeiten, die man in Museen bestaunen kann. Und der MacUser von damals ist nicht mehr der MacUser von heute - so er nicht in der Vergangenheit hängen geblieben ist.

Doch wie ist er denn, der MacUser von heute? Woran orientiert er sich? Was ist das Leitbild, das Ideal des heutigen MacUsers? Und wie hat er’s mit den anderen Fraktionen und den Switchern? Ist es immer noch eine absolutes Schwarz oder Weiss oder stellt man um auf Bunt?

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