Revidierte Geschäftsprognose: Apples schwerer Start ins 2019

Vergangene Woche musste Apple erstmals seit sechzehn Jahren eine Revidierung der Geschäftsprognose für das vergangene Quartal bekannt geben. Die Märkte reagierten geschockt. In einem 1400 Wörter langen «Brief an die Investoren» versucht Apple-CEO Tim Cook zu erklären, wie es dazu kommen konnte.

Stefan Rechsteiner

In einem Brief an die Investoren seines Unternehmens korrigiert Apple-CEO Tim Cook die Erwartungen für das jüngst abgeschlossene erste Fiskalquartal 2019 nach unten. Apple habe in den Monaten Oktober, November und Dezember 2018 wohl nicht wie noch Anfang November geschätzt zwischen 89 und 93 Milliarden US-Dollar umgesetzt, sondern «ungefähr» 84 Milliarden US-Dollar. Fünf bis neun Milliarden US-Dollar oder etwa sieben Prozent weniger dürfte das Unternehmen demnach im wichtigen Weihnachtsquartal umgesetzt haben als erwartet. Und dies, obwohl Apples Prognosen meist eher konservativ ausfallen.

Einige Markt-Beobachter predigten schon länger von schlechter als erwarteten iPhone-Verkäufen, gleichzeitig plagt Apple – wie auch die ganze Wirtschaft – noch Anderes.

Talfahrt an der Börse


Die Wall Street reagierte am Mittwoch-Abend nach der Veröffentlichung von Cooks Schreiben geschockt und strafte Apple am NASDAQ ab. Fast 10 Prozent sackte Apples Wertpapier am Folgetag an der New Yorker Technologiebörse ab. Das alles, nachdem der Kurs bereits seit Anfang Oktober mit einem anhaltenden Negativtrend zu kämpfen hatte. Am 3. Oktober notierte AAPL noch auf einem Allzeithoch von 233.47 US-Dollar. Apple war zu diesem Zeitpunkt an der Börse 1.138 Billionen US-Dollar schwer. Heute dürften die Wertpapiere von Apple mit knapp 150 US-Dollar in den Markt einsteigen. Die Apple-Aktie hat in nur drei Monaten über einen Drittel an Wert verloren. Apples Marktkapitalisierung sank in dieser Zeit um über 450 Milliarden US-Dollar – das ist mehr, als 496 der 500 grössten US-Unternehmen überhaupt wert sind. Mehr als Facebook, sogar drei Mal mehr als der Wert von McDonalds. Im Zuge der Talfahrt von Apples Aktienkurs musste der Mac-Hersteller den Thron als wertvollstes börsenkotiertes Unternehmen an Microsoft abgeben und sich auch von Amazon und Googles Muttergesellschaft Alphabet überholen lassen.

Als Grund für das Nichterreichen der Umsatzprognose gibt Apple vor allem den schwächelnden chinesischen Markt an. Die iPhone-Verkäufe gingen in China zurück, es habe nicht so viele Neukäufe gegeben wie prognostiziert. Man habe die wirtschaftliche Abschwächung im Reich der Mitte unterschätzt, so Cook in seinem Schreiben. Das BIP-Wachstum von China war im September-Quartal 2018 das Zweit-Tiefste der letzten 25 Jahren. Weiter sieht Apple in den Handelskriegen zwischen der US-Regierung um Donald Trump und China einen weiteren Grund für die wirtschaftliche Abschwächung im Reich der Mitte.

Die zurückgegangenen iPhone-Verkäufe in China machen Cook zufolge den Löwenanteil am Prognosen-Minus aus. Gleichzeitig nennt der Apple-Chef aber auch noch andere Gründe, weshalb das Unternehmen im vergangenen Quartal nicht so viele iPhone absetzen konnte, wie ursprünglich geschätzt. Dazu gehört die Aktion für den Akku-Austausch, welche Apple durch das ganze vergangene Jahr laufen liess. Dass mit dem vergünstigten Akku-Austausch eine erhöhte iPhone-Langlebigkeit erzielt und es somit zu längeren Upgrade-Zyklen kommen wird, sah Apple im vergangenen Frühjahr noch gelassen. Nun nennt Cook dies als einen Grund für das Wachstumsminus beim iPhone. Weiter soll auch der immer höhere Kaufpreis eines iPhone mit Grund für das Minus sein. Einerseits würden die iPhone-Kaufpreise heutzutage von den Mobilfunkanbietern weniger subventioniert als noch vor wenigen Jahren, andererseits führe auch die Stärke des US-Dollars zu einem Preis-Anstieg, so Cook.

Der Apple-CEO weisst derweil aber auch darauf hin, dass während man in China mit Problemen zu kämpfen hat, das Unternehmen in anderen Märkten wahrscheinlich neue Allzeit-Rekorde aufgestellt habe. In den USA, Kanada, Deutschland, Italien, Spanien, Korea und in den Niederlanden dürfte Apple im vergangenen Quartal neue Umsatz-Rekorde erzielt haben. Weiter habe das Geschäft ausserhalb des iPhone-Segmentes – also alles rund um die Dienste, Mac- und iPad-Verkäufe sowie die Wearables und sonstiges Zubehör – zusammen im Jahresvergleich fast um 19 Prozent zugelegt.

Die genauen Geschäftszahlen für Oktober bis Dezember 2018 wird Apple am Abend des 29. Januar 2019 bekannt geben. Wie im November angekündigt, wird Apple mit diesem Geschäftsbericht erstmals keine konkreten Verkaufszahlen zu seinen Produkten mehr nennen, sondern nur noch den mit ihnen generierten Umsatz und Gewinn ausweisen. Die Konkurrenz handhabt dies schon länger so. Dass bei Apple dieses Zurückschrauben der Transparenz zeitgleich mit der ersten Umsatzwarnung seit dem Juni 2002 zusammenfällt, hinterlässt einen sehr faden Beigeschmack.

Gönner-Abo

Ab CHF 5.– im Monat

👉🏼 Wir benötigen deine Unterstützung! Unterstütze macprime mit einem freiwilligen Gönner-Abo und mache die Zukunft unseres unabhängigen Apple-Mediums aus der Schweiz mit möglich.

macprime unterstützen