Portrait über «Tim Cooks Apple»

Ein ausführliches Portrait über Tim Cook und die Änderungen, die er in den letzten drei Jahren bei Apple einführte, wurde diese Woche von Bloomberg Businessweek publiziert. In den Interviews geben Cook und andere hochrangige Apple-Manager persönliche Einblicke in eines der abgeschottetsten Unternehmen der Welt.

Stefan Rechsteiner

In einem Portrait beleuchtet die Bloomberg Businessweek den Führungsstil von Tim Cook und wie sich das Unternehmen unter der Führung des 54-Jährigen verändert hat. Im Portrait lässt die Zeitung auch hochrangige Manager von Apple und anderen Unternehmen zu Wort kommen.

Cooks schwieriger Einstand

Eddy Cue, Apples Internet- und Dienste-Chef, meint eingangs des Artikels, dass Tim Cook seiner Meinung nach zuwenig Anerkennung für das erhält, was er leistet. Cue spricht den Umstand an, dass Cook sein Posten als Chef von Apple vom 2011 verstorbenen Apple-Gründer und -Visionär übernommen hat und seither von der Öffentlichkeit am Wirken seines Vorgängers gemessen wird. Der Internet-Chef sagt dann auch, dass er «verdammt stolz» darauf sei, ein Teil von Tims Team zu sein.

Cook hat die Führung von Apple, kurz vor Steve Jobs Tod im Herbst 2011, nicht gerade unter idealen Bedingungen übernommen. Auch Disney-CEO und Apple-Vorstand Robert Iger erinnert sich an die Zeit vor drei Jahren. Damals sei alles von Trauer beherrscht gewesen. Cook musste sich in dieser schwierigen Zeit behaupten.

Tim Cook vor dem Apple HQ in Cupertino (Quelle: Bloomberg)

Ein jeder für sich

Wie die Businessweek schreibt, habe Cook damals eine Firma übernommen, die strickt in einzelne Gruppen unterteilt war, die sich auf Hardware, Software Design, Marketing und Finanzen spezialisiert hatten. Alle Gruppen arbeiteten für sich selbst und teilen kaum Informationen untereinander aus. Dies sei damals auch nicht nötig gewesen, denn die «allumfassende Vision» war bei Steve Jobs.

Als Jobs im Oktober 2011 starb, gab es eine Zeit, in der es unsicher war, ob eine derart dezentralisierte Struktur überhaupt überleben kann ohne eine alles übersehende mächtige Führungsperson an der Spitze. In den ersten Monaten, so sollen Mitarbeiter berichtet haben die diese Zeit erlebt hatten, soll niemand ein klares Mandat gehabt haben, um grosse Entscheidungen zu treffen. Die Teams seien am auseinanderbrechen gewesen.

Der entscheidende Moment für Tim Cook als CEO soll am Ende seines ersten Jahres in dieser Position gekommen sein. 2012 als er den damaligen iOS-Chef Scott Forstall, einer von Steve Jobs engsten Mitarbeitern, für die Öffentlichkeit sehr überraschend entliess und eine Restrukturierung der Führungsriege ankündigte. Apples Chef-Designer Jonathan Ive war fortan auch für das Software-Design bei iOS zuständig. Craig Federighi, der Chef der Mac-Software-Abteilung, bekam auch die Entwicklung von iOS unterstellt. Mit der neuen Strukturen sollten Wände abgerissen werden.

Angesprochen auf die Entlassung von Forstall sagte Cook gegenüber Bloomberg Businessweek, er habe «nichts schlechtes» über ihn zu sagen. Ausserdem bereue er, Cook, «nichts».

Apple CEO Tim Cook in der Gartenterasse des Apple HQ in Cupertino (Quelle: Bloomberg)

Strategie: Enge Zusammenarbeit

Die Zeitung beschreibt Cook als eine Führungsperson, die sich menschennah gibt — sich Zeit nimmt für die Fragen und Anliegen seiner Schäfchen und auch mal auf dem Campus für ein Selfie mit Angestellten posiert.
Die enge Zusammenarbeit der Angestellten bei Apple untereinander sei mehr als nur ein Vorteil, mehr sei es eine strategische Notwendigkeit. «Die Grenzen zwischen Hardware, Software und den Diensten werden immer undeutlicher oder verschwinden sogar», so Cook. Das, was Apple mache, sei nur möglich, in dem alle ganz eng miteinander zusammenarbeiten. Laut Cook müssen die Mitarbeiter dabei sogar fast «ineinander verschmelzen».

Eines der Resultate dieser Strategie sind die Contiunity-Funktionen («Integration») in iOS 8 und OS X Yosemite. Diese Funktionen erlauben es, nahtlos zwischen Mac, iPhone und iPad zu wechseln und dabei auf jedem Gerät genau dort weiterzuarbeiten, wo man auf dem Letzten aufgehört hat.
Mit dem alten Modell, so Cook, seien diese Funktionen nie möglich gewesen. Diese neuen Produkte zeigen auf, «warum wir existieren». Cook führt weiter aus: «Die Dinge, die wir bei Apple machen sollen, sind jene Dinge, die andere nicht machen können.»

Cooks neuer Stil nicht überall beliebt

Doch Cooks neuer Führungsstil kommt nicht überall gut an, berichtet die Zeitung. Ein ehemaliger hochrangiger Designer beispielsweise verliess das Unternehmen aus dem Grund, dass Apple zu gross wurde und die Produkte, die vormals in kleinen Gruppen entwickelt wurden, nun in «ausufernden» Teams entstehen.

Andere sollen Cooks Beharren auf finanzieller Disziplin monieren. An Sitzungen, die früher dem Review von Produkten dienten, sollen nun Manager Fragen über Ausgaben und Prognosen stellen. Roadmap-Sessions wohnen nicht nur mehr Ingenieure und Designer, sondern neu auch Finanz- und Operations-Personal bei.

Derweil führt Cook die Leitung jener Abteilungen weiter, in denen sein Wissen gross ist. Cook soll sich jeden Freitag-Nachmittag mit den Führungspersonen der gewaltigen Produktions- und Zulieferkette des Unternehmens treffen.

Gut gelaunter Apple CEO Tim Cook (Quelle: Bloomberg)

Weitere Themen

Das komplette Portrait kann auf der Webseite von Bloomberg nachgelesen werden. Darin kommt des Weiteren auch Apples Chef-Designer Jony Ive zu Wort. Ive äussert sich unter anderem über die neue Apple Watch und wie diese eines der schwierigsten Projekte seiner bisherigen Laufbahn war. Auch Jeff Williams, Apples Operations-Chef, und seine Rolle bei der Apple Watch wird porträtiert. Weiter behandelt das Portrait auch Tim Cook Wunsch, die «Apple Watch» möglichst kostengünstig an die Kunden zu bringen und Apples neues mobiles Bezahlsystem «Apple Pay» wird beleuchtet. Auch Apples grosses Interesse am Gesundheitsmarkt und Apples Ambitionen in der Geschäftswelt — letzteres jüngst mit einer grossen Partnerschaft mit IBM neu aufgerollt — kommen zum Thema.

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