Ernüchterung: Das iPad alleine rettet keine Zeitung

Als vor genau drei Jahren das iPad vorgestellt wurde, feierten es die Verleger wie den lange ersehnten Retter der Zeitungsbranche. Matthias Döpfner vom deutschen «Axel Springer Verlag» meinte damals, dass jeder Verleger auf der ganzen Welt sich einmal am Tag hinsetzen sollte, um zu beten und Steve Jobs für das iPad zu danken. Wie das Radio SRF in einer Reportage aufzeigt, machte sich in der Zwischenzeit Ernüchterung in der hiesigen Branche breit. Während bereits jeder vierte Haushalt in der Schweiz ein Tablet-Computer wie das iPad besitzen soll, verdienen die traditionellen Verlage kaum etwas mit ihren kostenpflichtigen digitalen Angeboten.

Das iPad-Paper des Blicks soll demnach lediglich etwa 140 Nutzer pro Tag haben, wie Radio SRF berichtet. Trotz des rekordtiefen Preises von nur CHF 36.00 für ein Jahresabonnent gelingt es dem Ringier-Verlag derzeit nicht, neue Abonnenten für das Angebot zu begeistern. Bei Ringier stellt man nun konsterniert fest, dass man mit dem iPad-Paper deutlich mehr Geld verdienen könnte, als man es bislang tut. Die hohen Erwartungen, welche man mit einer eigenen App verband, konnten sich nicht erfüllen.

Ebenfalls ungünstig entwickelt hat sich die Nutzung der iPad App des «Tages Anzeiger». Vor rund eineinhalb Jahren mit grossem Aufwand gestartet, zeigte sich schon bald, dass das aufwendig gemachte Angebot von den Lesern nicht im gewünschten Ausmass akzeptiert wird. Im Sommer wurde die Abendausgabe des Tages-Anzeigers, welche exklusiv für das iPad-Paper produziert wurde, eingestellt.

Marktführerin bei den E-Papers ist die Neue Zürcher Zeitung. Seit dem Launch des iPad-Papers verzeichnete die NZZ eine Vervielfachung der Nutzung des E-Papers. Nutzten vor der iPad-App noch rund 1’000 Personen täglich das E-Paper, stieg die Nutzung durch die App auf bis zu 14’000 Aufrufe pro Tag. Durch dieses Angebot gewann die Zeitung allerdings kaum neue Abonnenten — denn es sollen vor allem Bestandeskunden sein, welches das E-Paper als einen weiteren Kanal nutzen.

Dennoch hat keiner der drei grossen Schweizer Verlage angekündigt, das iPad-Angebot komplett einzustellen. In welche Richtung sich die Angebote entwickeln werden, bleibt abzuwarten. Für dieses Jahr haben unter anderem Ringier und Tamedia angekündigt, für die Angebote von «Blick.ch» und Newsnetz-Seiten wie «tagi.ch» eine Paywall einzurichten. Dies bedeutet, dass gewisse Inhalte künftig nur noch kostenpflichtig zugänglich sein werden. Inwiefern sich diese Massnahme auf den Absatz des iPad-Papers auswirken wird, kann bislang noch nicht abgeschätzt werden.
Gutes Geld im Internet verdient momentan vor allem Tamedia mit den Angeboten von «20 Minuten» — nicht jedoch durch eine Paywall (20 Minuten soll auch weiterhin kostenlos verfügbar bleiben), sondern durch Werbung.

«Info 3» auf Radio SRF am Mittag des 28. Januar 2013

Von Patrick Bieri
Veröffentlicht am

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3 Kommentare

Kommentar von Whyzak

Leider operiert hier das SRF mit falschen Zahlen. Bezüglich der BLICK iPad-App handelt es sich bei der Zahl nicht um die Abos oder Downloads der App, sondern lediglich um die Zahl der ePaper-Aufrufe. Die tatsächlichen Nutzerzahlen der Blick-iPad-App sind geheim. Dazu kann aber gesagt werden, dass jeden Tag tausende Besuche auf der iPad-App verzeichnet werden.

Profilfoto von kusmi

Kommentar von kusmi

Ich möchte nicht alles besser wissen, aber ich find die Zeitungs-Angebote nicht interessant. Ich will auch gar kein Abo lösen, sondern die Zeitung einzeln kaufen.

Tagesnews (wie sie NZZ und Tagi, Blick bieten) bekomme ich kostenlos (Web, 20min, …) und für Hintergründe hab ich nur ab und zu am Sonntag Zeit zu lesen. Leider brauch ich dazu immer ein Abo…

Wieso kann man am Kiosk einzelne Zeitungen kaufen, digital aber nicht?

Kommentar von MarcoE

Ernüchterung… bedauerlicherweise ist das Angebot der Zeitungen ernüchternd. Ich habe soeben die meisten Schweizer Zeitungsanbieter auf ein iPad-Abo überprüft. Aus meiner Sicht (die eines Informatikers) ist die ePaper Version aus Usability Sicht einfach unbrauchbar und nicht zeitgerecht. Ebenfalls haben die Zeitungen den Trend der Zeit nicht erkannt. Informationen sind heute massenhaft kostenlos verfügbar und die Abonnements preislich relativ teuer. Im Zeitalter der Informationsflut ist man eben nicht mehr bereit knapp 300 CHF für etwas zu bezahlen, was man sich aus unterschiedlichen Quellen zusammen suchen kann. Ich würde eine Kompaktvariante (3 Ausgaben pro Woche) vorziehen, zu einem attraktiven Preis (max. 200 CHF/Jahr) Damit ich aber diesen Preis bezahlen würde, erwarte ich eine zeitgemässe App wie diese beispielsweise bei 20 Minuten vorhanden ist und keine ePaper Variante. Solange die Zeitungsanbieter dieser Wahrheit nicht ins Auge sehen, wird kein Tablet der Welt die “Zeitung retten”

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