Gewährleistung/Garantie: Verstösst Apple doch gegen Schweizer Gesetz?

Seit dem ersten Januar 2013 gelten in der Schweiz neue Bestimmungen des Obligationenrechts, welche vor allem den Konsumentenschutz stärken sollen. Insbesondere Art. 210 Abs. 1 OR, welcher bestimmt, dass die Klagen auf Gewährleistung (Umgangssprachlich «Garantie» genannt) erst zwei Jahre nach der Ablieferung an den Käufer verjähren, sorgt für Diskussionen. Auch Apple ist in die Kritik geraten, weil weiterhin der AppleCare Protection Plan verkauft wird, bei welchem auf die beschränkte «Apple One-Year Limited Warranty» hingewiesen wird. Diese gewährt lediglich einen Anspruchszeitraum von einem Jahr.

Die Position von Apple (und anderen Firmen)

Apple macht auf der Informationsseite «Apple Produkte und gesetzliche Gewährleistung nach Schweizer Recht» darauf aufmerksam, dass auch Apple zwei Jahre Gewährleistung nach Schweizer Recht bietet. Die zweijährigen Gewährleistungsansprüche nach OR sind allerdings stark begrenzt. Sie gilt gemäss Apple nur für Schäden, die bei der Übergabe an den Kunden vorhanden waren. Für alle anderen Fälle gilt gemäss Apple diese Garantie nicht.

Für Ansprüche nach Art. 210 Abs. 1 OR muss sich der Konsument an den Verkäufer wenden. Wer somit das Apple-Gerät nicht bei Apple selbst gekauft hat, muss den jeweiligen Vertragspartner kontaktieren.

Der AppleCare Protection Plan und die begrenzte einjährige Garantie von Apple bieten dagegen weitreichenderen Schutz. Dazu gehören auch Mängel, die nach der Übergabe an den Kunden auftreten. Der AppleCare Protection Plan ist allerdings nicht mit der gesetzlichen Gewährleistung zu verwechseln. Es handelt sich dabei um einen selbständigen Vertrag.

Die Position der Konsumentenschützer

Der Kassensturz vom Schweizer Radio und Fernsehen sieht die Unterscheidung zwischen der gesetzlichen Gewährleistung und den eigenen Garantien der Hersteller in der aktuellen Sendung als Trick an, welche nicht dem Sinn des Gesetzes entspricht. Wie Hubert Stöckli, Professor für Zivilrecht an der Universität Fribourg in der Sendung ausführte, schütze die Garantie den Konsumenten umfassend. Die gesetzliche Gewährleistung gelte für sämtliche Mängel, welche irgendwann in den zwei Jahren ab dem Kauf auftreten. Stöckli führt dazu aus, dass wenn das Gerät so hergestellt sei, dass es innerhalb der ersten zwei Jahre kaputt gehe, es ein Garantiefall wird, welcher vom Verkäufer zu decken sei.
Auch die Initiantin der Gesetzesrevision, Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (SP, BL), sieht das Verhalten von Apple als rechtswidrig und nicht tolerierbar an.

Was gilt nun?

Wie die NZZ im Artikel «Verlängerte Garantiefrist bringt wenig Vorteile - Bei Ware mit Mängeln, die verspätet auftreten, verbessert sich die Rechtslage» klarstellte, bringt die Gesetzesrevision relativ wenige Vorteile für den Konsumenten. Auch die NZZ-Redaktorin geht davon aus, dass sich bei Apple-Produkten kaum etwas ändern wird. Wichtig ist, dass man auch weiterhin gezwungen ist, den Mangel sofort zu melden. Unterlässt man die sofortige Mangelmeldung, gilt der Schaden als genehmigt. Lediglich der Schutz vor versteckten Mängeln wurde verstärkt. Die Gewährleistung gilt nun auch bei versteckten Mängeln zwei Jahre, auch wenn diese erst später gefunden wurden.

Hier scheint der Haken an der ganzen Sache zu liegen: Wie will der Konsument beispielsweise beweisen, dass der Home Button, welcher nach etwas mehr als einem Jahr nicht mehr funktioniert, aufgrund eines Herstellerdefekts nicht mehr funktioniert? Die Gesetzesrevision scheint bei den Konsumenten (und Konsumentenschützern) die falsche Hoffnung geweckt zu haben, dass die Garantiefristen substanziell verbessert werden. Abschliessende Klärung wird wohl erst ein Gerichtsurteil schaffen. Bis dahin ist die Meinung von Apple, die Meinung des Kassensturzes und von Prof. Stöckli jeweils eine unter vielen.

Kassensturz-Beitrag zum neuen OR

Von Patrick Bieri
Veröffentlicht am

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33 Kommentare

Kommentar von Anton Deufel

Allen die der Meinung sind, dass Sie neuerdings 2 Jahre Garantie haben muss leider gesagt werden, dass sich nichts geändert hat.

Das Problem bei der Gewährleistung ist und war schon immer die Beweisführung. Und hier hat sich nichts geändert, ausser dass der Zeitraum von einem auf zwei Jahre erweitert wurde. Super….

Wenn ein Mangel vorliegt kann der Händler, heute wie auch schon vorher, immer behaupten, dass er auf Grund falscher Benutzung durch den Käufer entstanden ist. Und dann? Langwierige Nachweise des Kunden, dass der Mangel schon immer da war, das wird teuer.

Darum hat der schweizer Gesetzgeber geschlampt. Wenn er den Verbraucher wirklich hätte schützen wollen, dann hätte er eine Beweislastumkehr eingeführt, so wie das der deutsche Gesetzgeber in Paragraf 476 Bürgerliches Gesetzbuch getan hat. Hier wird 6 Monate lang vermutet, dass der Fehler schon beim Kauf da war. Und da der Händler das Gegenteil nicht beweisen kann, genausowenig wie der Kunde das später nachweisen kann, oder der Nachweis zu aufwändig wäre kann ich meine defekten Sachen in Deutschland innerhalb von 6 Monaten problemlos umtauschen.

Danach kehrt sich die Beweislast um und ich habe dieselben Probleme mit dem Nachweis wie in der Schweiz.

Darum ist die Garantie deutlich besser. Nur mit einer Garantie kann ich mich wirklich entspannt zurücklehnen, wobei hier der Händler auch meistens nicht umtauscht, sondern mindestens 2 x nachbessern will und auch darf und ich auf das Gerät im Zweifel 2 - 4 Wochen verzichten muss. Ist aber immer noch besser als gar nichts zu bekommen, wie bei der Gewährleistung.

Profilfoto von daniel

Kommentar von daniel

Ich lese:

“…Wichtig ist, dass man auch weiterhin gezwungen ist, den Mangel sofort zu melden. Unterlässt man die sofortige Mangelmeldung, gilt der Schaden als genehmigt. Lediglich der Schutz vor versteckten Mängeln wurde verstärkt. Die Gewährleistung gilt nun auch bei versteckten Mängeln zwei Jahre, auch wenn diese erst später gefunden wurden.

Hier scheint der Haken an der ganzen Sache zu liegen: Wie will der Konsument beispielsweise beweisen, dass der Home Button, welcher nach etwas mehr als einem Jahr nicht mehr funktioniert, aufgrund eines Herstellerdefekts nicht mehr funktioniert? ….”

Also, wenn der HOME Button nach mehr als einem Jahr nicht mehr funktioniert, wäre doch das ein versteckter Mangel.

Also wäre die GARANTIE mehr als 1 Jahr. Doch dann stellt sich die Frage, was ist ein versteckter Mangel?

Also ich werde KEINE Apple Produkte mehr im Apple Store kaufen, solange das keine 2 Jahre GARANTIE sind! Es gibt doch einige Firmen, die bieten sogar die Ware günstiger UND mit 2 Jahren GARANTIE an. By by Apple Store……..

Kommentar von dberta57

Episode mit Apple in Sachen Gewährleistung

am 7.7.14 ging beim arbeiten an meinem MBP (Early 2013) die Leuchtdiode an meinem MagSafe2 aus. Nach diversen Kontrollen nahm ich am darauf folgenden Tag den Compi mit dem Netzteil mit und ging zu einem Premium Reseller in W… nach erfolgter Kontrolle im Laden wurde ich direkt in den Service Raum gebracht, wo das selbe festgestellt wurde. Magsafe defekt. Er holte ein neues Netzteil und fing an zutippen und fragte nebenbei “Ich hätte doch noch Garantie?” Ich sagte nein und meinte “Gekauft Ostern 2013, steht sicher in meinem Account” Da machte er “OH, das ist was anderes, jetzt wird es kompliziert. Ich hätte nur noch Gewährleistung. Ich : Was heisst dies jetzt für den Ablauf? Ich müsste nun einen Zettel unterschreiben, wo ich bestätige, dass der defekt schon vor Ablauf der Garantie vorhanden gewesen sei !!! Dann wird das Teil eingeschickt und durch Apple geprüft und ich werde ohen Probleme eine Neues bekommen. Ich : Ich bekomme kein Neues? Ich muss warten? Wie lange geht dies? Antwort : 2-3 Tage! Ich : und mein MBP läuft aber nicht so lange. Antwort : Es tut im leid, dies sei nicht von ihm, das sei Apple. Ich : Aber hier liegt doch eins ! Antwort : Er darf mir dies nicht geben ! Ich : Ich sagte “STOP, alles auf Start” gehen sie nicht über Premium Reseller, gehe direkt zum Manor 100m weiter und ein neues Magsafe gekauft. Eine gelungene Verarschung, nenne ich dies.

Ein verärgeter Kunde der den Premium Reseller nie mehr betreten wird.

db

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