Steve Jobs über die Zukunft des DRM

imageIn einem gestern Abend veröffentlichten Artikel mit der Überschrift «Thoughts on Music» positioniert sich Apples CEO ganz klar im Feindeslager des Digital Rights Management (DRM). In dieser ziemlich langen Stellungnahme Jobs’ erklärt dieser in gewohnter Manier, weshalb Apple sofort damit beginnen würde, die Musik aus dem iTunes Store ohne DRM anzubieten und wieso man dies nicht heute schon macht.

Wir gehen im Folgenden auf die Gründe und Erklärungen Steve Jobs’ ein.

Das Problem DRM, weswegen Apple in Skandinavien in die Schusslinie der Konsumentenschützer geraten ist, sei kein hausgemachtes. Man werde von der Musikindustrie gezwungen, die Musik so zu verkaufen, dass diese nur auf «autorisierten Abspielgeräten» lauffähig sei. Ins Gericht geht Apple besonders mit den «Grossen Vier» der Musikindustrie: Universal, Sony BMG, Warner und EMI. Der Anteil dieser vier Musikkonzerne am weltweiten Musikmarkt betrage 70%.

Apple habe es erreicht, in den Verhandlungen über das von den Konzernen vorgeschriebene DRM einen etwas grösseren Spielraum zu bewahren. So war es möglich, die Nutzung der gekauften Musik auf fünf Computern und unbegrenzt vielen iPods zuzulassen. Dazu erlaubt man dem Nutzer, einen Song unbegrenzt viele Mal zu brennen. Dieses System, das Apple «Fairplay» nennt, und besonders die konsequente Anwendung auf alle verkauften Titel sei ein Meilenstein in dieser Branche gewesen, so Jobs.

Im Artikel schlägt Steve Jobs drei Alternativen für die Zukunft der über das Internet verkauften Musik vor: Im gleichen System weiterfahren wie bisher, Apples Fairplay an andere zu lizenzieren oder alle Musik gleich ohne DRM zu verkaufen.


Weitermachen wie bisher?
Songs aus dem iTunes Store liessen sich so nur auf iPods abspielen, Microsofts Songs nur auf dem Zune oder Sonys Player könnten nur Songs aus dem eigenen Connect Store wiedergeben. Dieser momentan vorherherrschende Zustand verhelfe dem Konsumenten zu vielen Wahlmöglichkeiten und fortlaufend erscheinenden innovativen Produkten. Sei man nun aber in einem System eingeschlossen, so dass es nicht möglich ist, den Player zu wechseln? «Nein», meint Steve Jobs. Die meisten iPods heute speichern bis zu 1000 Musikstücke und der durchschnittliche Anteil der DRM-behafteten Musik betrage nur gerade knapp 3 Prozent. Wegen dieses kleinen Anteils würden sich die Konsumenten nicht in einem System einsperren lassen.

Apples FairPlay lizenzieren?
An der Oberfläche scheint dieses Modell Sinn zu machen, denn dies biete dem Nutzer eine vergrösserte Auswahl an Produkten und Interoperabilität. Betrachte man die Möglichkeit aber tiefer, seien Probleme auszumachen. Jobs spricht hier von Geheimnissen des DRM-Systems, das vielen Leuten in vielen Unternehmen zu Verfügung gestellt werden müssten. Das sei kaum zu überblicken, deshalb sei es auch gefährlich, weil diese Verteilung des Geheimnisses wohl oder übel zu «Lecks» führen kann. Besonders über das Internet sei so etwas innerhalb von Minuten sehr vielen Menschen zugänglich gemacht, welche sich dies dann zunutze machen könnten.
Um dann einen «Gegenschlag» durchführen zu können, braucht es wiederum die Mithilfe aller Unternehmen, die dafür zu sorgen hätten, dass die Software wieder so eingestellt werde, dass das Loch gestopft werden könne. Das sei bei einer Anzahl von hunderten Millionen Geräten fast ein Ding der Unmöglichkeit. Deshalb könne Apple nicht garantieren, dass bei einer Lizenzierung die Sicherheit des Systems gewahrt bleiben würde.

Musik ohne DRM online verkaufen?
«Stellen Sie sich eine Welt vor, in der jeder Online-Musikladen Musik verkauft, die auf jedem MP3-Player, auf jeder Software ohne Probleme und ohne DRM abspielen lässt. Das sei die klar beste Lösung für den Konsumenten. Apple würde so eine Möglichkeit innerhalb einer Herzschlages unterstützen.» Weshalb sollten also die vier grossen Musikkonzerne sich überlegen, Musik online ohne DRM zu verkaufen?
Das Ziel, mit online verkauften Songs, die DRM-behaftet sind, die Musikpiraterie einzudämmen, sei verfehlt worden. Die Ursache liege bei der Musikindustrie selbst, so Jobs. 90 Prozent der verkauften Musik weltweit würden noch immer ohne DRM verkauft, auf CDs. Für die CD sei nie ein DRM-System entwickelt worden und damit jede verkaufte CD auch noch auf alten Abspielgeräten wiedergegeben werden kann, müsse man damit so weiterfahren. Der Vergleich sei frappant: Über 20 Milliarden Musikstücke auf CDs ohne DRM gegen unter 2 Milliarden DRM-behaftete Musikstücke, welche online verkauft wurden. DRM habe die Tauschbörsenproblematik auch nicht lösen können.
Was seien dann also die Vorteile, wenn nur diese unter 10 Prozent online mit DRM verkauft werden? «Es scheint keine zu geben.» Die Herausforderungen, ein DRM-System erfolgreich zu betreiben, habe die Mitspieler auf dem Online-Musikmarkt bisher sehr beschränkt. Wenn Voraussetzungen, wie ein DRM-System zu kreieren, zu betreiben und up-to-date zu halten, wegfielen, würden viele Unternehmen an diesem Markt teilhaben können. Das könne seitens der Musikindustrie nur als gutes Zeichen gesehen werden.

Der Grossteil der Bedenken gegenüber DRM-Systemen sei in Europa entstanden. «Vielleicht sollten die mit dem System unzufriedenen Leute ihre Energie dazu aufzuwenden, die Musikindustrie davon zu überzeugen, die Musik ohne ein Digital Rights Management zu verkaufen.» Zweieinhalb der vier grossen Musikkonzerne seien nämlich im Besitz europäischer Konzerne. Universal gehöre dem französischen Vivendi, EMi sei britisch und Sony BMG gehöre zur Hälfte Der Bertelsmann Gruppe. Würden sie überzeugt werden, die Musik online ohne DRM zu verkaufen, würde ein wirklich interoperabler Marktplatz erschaffen. Apple würde diesen mit Wohlwollen begrüssen.

Von rst (Gelöschter User)
Veröffentlicht am

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