Tim Cook im D11-Interview über Krisen, Fernseher, Android, Marktanteile und tragbare Computer

In der Nacht auf heute wurde die AllThingsD-Konferenz «D11» in Rancho Palos Verdes, Südkalifornien, eröffnet. Wie bereits vor einem Jahr stand zum Start der Konferenz ein Interview mit Apple-CEO Tim Cook auf dem Programm. Auf der Konferenz liess sich in der Vergangenheit auch Steve Jobs interviewen — legendär ist das Doppel-Interview von Steve Jobs zusammen mit Bill Gates. Walt Mossberg und Kara Swisher führten das Interview mit dem Apple-CEO.

Folgend der erste Teil über das ausführliche D11-Interview. Link zu Teil 2: «Tim Cook im D11-Interview über iOS, OS X, verschiedene iPhone-Modelle, Soziale Medien und iOS-APIs».

Ist Apple in Schwierigkeiten?

Walt Mossberg trug gleich zu Beginn des Interviews dick auf: Seit dem gemeinsamen Interview vor einem Jahr sei viel passiert, so der WSJ-Journalist. Samsung sei stärker geworden, Android habe nun mehr Apps im Store als iOS und der Kurs der Apple-Aktie habe signifikant an Wert verloren. Sei Apple die Coolness abhanden gekommen? Sei Apple in Schwierigkeiten? «Absolut nicht», so Tim. Bei Apple drehe sich alles um Produkte, «wir haben 85 Millionen iPhones und 42 Millionen iPads verkauft». Aber wichtiger als die Nummern sei laut dem Apple-Chef die Tatsache, dass die Kunden die Produkte lieben würden. Dies zeigen diverse Studien. Auch die Marktanteile bei der Web-Nutzung zeigen, dass Apple gut positioniert sei. Apple liege bei 59 Prozent. Cook fühle sich gut darüber. Auch konnte man das letzte Jahr mit einem sehr breiten Angebot an überarbeiteten neuen Produkten abschliessen. Auf den Einwand von Kara Swisher hin, dass Apple nun aber kompetente Konkurrenten haben, entgegnete Cook, dass Apple schon immer kompetente Konkurrenten gehabt habe. Man habe gegen Microsoft gekämpft und kämpfe in der Computer-Branche noch immer gegen Microsoft. Auch habe man gegen Hardware-Hersteller gekämpft, die als «unglaubliche Hardware-Hersteller» angesehen wurden — zum Beispiel DELL, so Cook. Apple habe immer gekämpft — das sei heute nicht anders. Vielleicht war die Ausgangslage vor 15 Jahren etwas anders, weil man da nahe daran war, das Geschäft aufgeben zu müssen. Apple habe laut Cook aber immer nach dem Ziel gelebt, die besten Produkte zu machen — «das beste Telefon, das beste Tablet, den besten Computer, den besten MP3-Player». Alles was Apple tun müsse, ist sich auf die Produkte zu fokussieren und nicht auf die externe Wahrnehmung der Firma.

Apples Fernseh-Pläne

Bereits im Interview vor einem Jahr war das Thema «Fernsehen» ein grösseres Thema. So auch beim diesjährigen Gespräch. Die beiden Interviewer wollten dem Apple-CEO neue Details über seine Fernseh-Pläne entlocken, stiessen bei Cook aber auf eine harte Nuss. Cook blieb verschwiegen und gab keine neuen Details bekannt. Zum Thema «Fernsehen» gäbe es bei Apple aber eine grosse Vision. Es gäbe viele Dinge am aktuellen Fernsehen-Erlebnis, das viel besser sein könnte. Apple habe bereits einige dieser Punkte verbessern können, aber noch nicht alle.
Auf die Frage hin, ob es noch in diesem Jahr Neuigkeiten zu diesem Thema gäbe, blieb Cook ebenfalls verschwiegen. Damit die Interviewer aber mit der offensichtlich aussichtslosen Fragerei aufhören, versprach ihnen Cook, dass sie die ersten seien, die es zu Gesicht bekommen würden.

Google Glass & tragbare Computer

Auf die Frage hin, was Tim Cook von der intelligenten Brille «Google Glass» hält, blieb der Apple-CEO skeptisch. Cook findet es sehr schwierig abzuschätzen, ob ein solches Produkt auf dem Massenmarkt Erfolg haben wird. Er selbst trage zum Beispiel eine Brille, weil er eine Brille tragen müsse — er kenne derweil nicht viele Leute, die eine Brille tragen, obwohl sie keine tragen müssten. Brillen seien deshalb sehr riskant. Es sei schwierig jemanden dazu zu bewegen, etwas anzuziehen. Würde man in einem Raum voller 20-jährigen alle jene auffordern aufzustehen, die eine Uhr tragen, würde wohl niemand aufstehen, so Cook.
Cook sieht die interessante Anwendung von tragbaren Computern vor allem in anderen Gebieten. Insbesondere mit Sensoren ausgestattete Geräte erscheinen sehr interessant, so der Apple-CEO. Cook findet das Gebiet ‘tragbare Computer’ «unglaublich interessant». Selbst trage er ein Fuelband — hier habe Nike einen genialen Job erledigt, so Cook. Es gäbe viele Gadgets in diesem Gebiet. Geräte, die mehr als eine Funktion bieten, seien aber sehr dünn gesät und überzeugen nicht. Kein aktuelles Gadget könne einen Burschen der nie eine Brille, ein Armband, eine Uhr oder was auch immer getragen hat, davon überzeugen, so etwas zu tragen. Zumindest habe er selbst noch kein solches Gerät gesehen. Es gäbe hier also noch viel Raum für neue Lösungen, so Cook. Viel Firmen werden sich künftig in diesem Bereich probieren. Ob Apple auch zu diesen Firmen gehören wird, wollte Cook natürlich nicht sagen — er wies aber darauf hin, dass er dieses Gebiet als einen wichtigen Teil des Gesamtbildes sehe. Das iPhone habe uns alle in einem hohen Tempo voran gebracht und das iPad habe dies gar noch forciert. Tragbare Computer könnten nun ein weiteres solches Gebiet sein.

Mitschnitt des Interviews

Android & Marktanteil

Walt Mossberg wollte von Tim Cook wissen, was dieser davon halte, dass Apple zwar die moderne Smartphone-Revolution gestartet habe, nun aber in den letzten 18 Monaten bezüglich Geräte-Absatz von Android markant überholt worden sei. Cook meinte, er habe dies natürlich mitbekommen und beobachtet, er habe den Kopf ja natürlich nicht in den Sand gesteckt. Für Apple sei es aber nie darum gegangen, irgend wovon am meisten herzustellen. Apple mache «die besten Computer, nicht die meisten davon», gleiches gelte für die Musik-Player, die Talets und die Mobiltelefone. Wenn man sich über die Gesundheit von etwas erkundigt, dann müsse man immer — wie beim eigenen Körper — mehrere Faktoren in Betracht ziehen. Sehe man zum Beispiel nur auf die Web-Statistiken, dann hat das iPad in den USA einen Marktanteil im Bereich von 80 bis 90 Prozent. IBM habe erst kürzlich eine Studie gemacht, in der man nachschaute, wie viel über die mobilen Geräte eingekauft wird. Die Resultate seien schockierend, so Cook. Alleine vom iPad her gäbe es doppelt so viele eCommerce-Transaktionen als von jedem Android-Gerät aus kombiniert — Tablets und Mobiltelefone. Cook will damit darauf hindeuten, dass der Marktanteil alleine nicht viel über die tatsächlich ausschlaggebende Nutzung aussagt. Cook glaubt, dass es global gesehen sehr viele Mobiltelefone gibt, die unter die Kategorie «Smartphones» fallen, aber von ihren Benutzern nicht als Smartphones genutzt werden. Damit meint der Apple-CEO wohl primär die Nutzung von Apps und dem mobilen Internet. Ähnliches gelte wohl für Tablet-Computer. Viele würden Tablets kaufen und dann vom Erlebnis nicht so überzeugt sein, dass sie das Gerät in der Folge kaum mehr nutzen. Ganz anders sei das beim iPad. Cook selbst benutze sein iPad signifikant oft — es habe «alles verändert». Leute würden dies nicht über Android-Tablets sagen, so Cook.
Egal in welchem Geschäft man sei, ist schlussendlich der Kunde der Richter. Das iPad verzeichne die besten Kunden-Zufriedenheitsbewertungen aller Tablets. Das gelte schlussendlich für Apple — nicht das Gewinnen von Awards oder das «am meisten von etwas machen».

Mitschnitt des Interviews

Dies war der erste Teil über das ausführliche D11-Interview. Link zu Teil 2: «Tim Cook im D11-Interview über iOS, OS X, verschiedene iPhone-Modelle, Soziale Medien und iOS-APIs».

Von Stefan Rechsteiner
Veröffentlicht am

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