Umstrittene Apple-Doku im Schweizer Fernsehen

Die umstrittene BBC-Dokumentation «Apple — Nichts als leere Versprechen?» wird heute Abend auf SRF 1 gezeigt. Die Dok beleuchtet die Arbeitsbedingungen von Apples Zulieferern.

Stefan Rechsteiner

Heute Abend um 22:55 Uhr zeigt das Schweizer Radio und Fernsehen auf SRF 1 die BBC-Dokumentation «Apple – Nichts als leere Versprechen?». Der DOK aus 2014 will die Arbeitsbedingungen der Apple-Fertiger näher beleuchten. Dazu geht die Doku der Frage nach, wie es den Arbeiterinnen und Arbeitern geht, welche Apples Verkaufsschlager herstellen. «Wie sind ihre Arbeitsbedingungen in den Fabriken der Apple-Zuliefererfirmen — und wie werden sie dort behandelt?» Die BBC deckt dabei «schockierende Zustände» auf.

Apple hat, wie andere grosse Konzerne auch, einen eigenen Verhaltenskodex. Darin werden ethische und rechtliche Standards festgelegt. Werden diese Standards eingehalten? Sind die iPhones, welche die Kunden täglich in den Händen halten, zum Beispiel frei von Kinderarbeit? Dies wollte BBC-Reporter Richard Bilton wissen. Die Recherchen führen das Filmteam nach China und zu den Rohstofflieferanten in den Zinnminen Indonesiens. Während Apple und und Pegatron, einer der grössten Zulieferer in China, beteuern, die Sicherheit und das Wohlergehen der Mitarbeitenden hätten Prioriät, zeigt sich dem Reporter vor Ort ein anderes Bild: Chinesische Arbeiter stehen schwankend an den Fliessbändern und kämpfen nach mehr als zwölfstündigen Schichten – nach 18 Tagen am Stück – gegen das Einschlafen. Doch wer sich weigert, ist seinen Job los, wer einschläft auch. Viele Arbeiterinnen und Arbeiter haben am Ende der Schicht nicht einmal mehr die Kraft zu essen. Die betreffenden Aufnahmen kamen nur verdeckt zustande. Auch in den Zinnminen Indonesiens, woher ein entscheidender Rohstoff bei der Herstellung stammt, treffen die Journalisten auf alarmierende Verhältnisse: Kinder, die teilweise nur mit den Händen nach dem begehrten Rohstoff graben, und Arbeiter, die ständig durch Sand- und Schlammlawinen gefährdet sind. Laut Angaben von Apple würden die legalen Zinnlieferanten überprüft. In seinem investigativen Dokumentarfilm nimmt Richard Bilton den Apple-Verhaltenskodex als Vorlage und überprüft ihn. Seine Bilanz ist ernüchternd: Obschon das Unternehmen schon vor Jahren versprochen hatte, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, findet der Reporter erneut dramatische Zustände vor. Und er kommt zum Schluss: Apple hat seine Versprechen gebrochen.
Pressetext zur Dokumentation

Biltons Doku der Voreingenommenheit beschuldigt

Die Doku sorgte vergangenes Jahr bei der Erstausstrahlung auf BBC für Schlagzeilen. Bilton und dem britischen Medienhaus wurde Voreingenommenheit vorgeworfen. Laut Experten für chinesische Arbeitsbedingungen seien die von den Dokumentarfilmern in den Pegatron-Fabriken gefilmten Zustände «schlicht lokale Gewohnheiten». Apple tue sehr viel für die Arbeitsbedingungen der Arbeiter seiner asiatischen Zulieferer, «womöglich mehr als jedes andere grosse ICT-Unternehmen», so ein von der Daily Mail Online zitierter Experte.

Gezeigt werden aber auch Arbeiter, die nach 12-Stunden-Schichten am Arbeitsplatz einnickten oder 18 Tage am Stück ohne einen freien Tag arbeiten mussten. Laut einem Vertreter einer der Firmen, die Apple bei der Durchsetzung seiner Arbeitsbedingungs-Richtlinien im fernen Osten hilft, handle es sich bei den in der Doku gezeigten Sachbeständen um «sehr komplizierte Probleme», auf die Apple keine Kontrolle habe.

Apple selbst äusserte sich bezüglich der Doku, dass man den in der Sendung aufgezeigten Schlussfolgerungen nachdrücklich widerspreche. Man kenne bei Apple kein anderes Unternehmen, welches so viel dafür tue, seinen Mitarbeitern «faire und sichere Arbeitsbedingungen» zu gewährleisten. Apple arbeite mit seinen Lieferanten daran, etwaige Defizite anzugehen. Das Unternehmen sieht dabei «kontinuierliche und deutliche Verbesserungen», aber man wisse, dass diese Arbeit nie fertig sei. Auch laut Apple sei es üblich, dass asiatische Arbeiter während ihrer Pausen ein kurzes Nickerchen machen. Das Unternehmen werde der Sache aber genauer auf den Grund gehen falls es Anzeichen dafür gebe, dass Arbeiter tatsächlich während der Arbeit einnicken würden.

Neben den Arbeitsbedingungen in den chinesischen Fertigungshallen beleuchtet die Doku auch Apples Zulieferer in Indonesien. Auf der Insel Bangka zeigt der Dokumentarfilmer, wie Kinder unter gefährlichsten Bedingungen von Hand nach Zinnerz graben. Der Zinn kommt über die Lieferkette schlussendlich zu Apples Auftragsfertigern. Laut Apple sei die Lage auf Bangka sehr komplex — mit «tausenden Mineuren» die den Zinn über «unzählige Mittelmänner» verkaufen.

Produktionsfirma wurde Schwindel vorgeworfen

Auch «Panorama», die Produktionsfirma der Dokumentation, sorgte bereits für negative Schlagzeilen. Für eine Dokumentation über Kinderarbeit für den Kleider-Discounter «Primark» wurde dem Produktionshaus Täuschung vorgeworfen. Demnach sei es «eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich», dass eine Szene aus der Doku, bei der Buben in einer Kleiderwerkstatt in Bangladesh beim Überprüfen einer Naht von Primark-Kleidern gezeigt werden, «nicht echt» sei, wie der «BBC Trust» urteilte.
Panorama entschuldigte sich in der Folge auch bei Primark – für den «seltenen Lapsus bezüglich Qualität».

Jährlicher «Supplier Responsibility Progress Report» von Apple

Apple geriet bezüglich der Arbeitsbedingungen seiner asiatischen Zulieferer bereits vor Jahren ins Kreuzfeuer der Medien. Damals sorgten Berichte über Selbstmorde von Foxconn-Arbeitern für Aufsehen. Der mediale und öffentliche Druck veranlassten das iPhone-Unternehmen zum Handeln. In der Folge stellte Apple einen Kodex auf, analysiert seither die Arbeitsbedingungen seiner Zulieferer und investiert viel in diese. Im «Supplier Responsibility Progress Report» gibt das Unternehmen nun jährlich Auskunft über seine Bestrebungen, die Produktions-Bedingungen für die Angestellten der Zulieferer zu verbessern.
Zuletzt stellt vor allem noch die Einhaltung der Arbeitszeit-Vorschriften für Apples Zulieferer noch immer ein Problem dar.

Der DOK dürfte nach dem Broadcast für kurze Zeit auch auf dem Videoportal «Play SRF» auf Abruf zur Verfügung stehen.

Update, Donnerstag 15. Oktober

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