Erste Eindrücke von iTunes 10 und Ping

Seit heute morgen bietet Apple seine Multimediasoftware iTunes in Version 10 zum Download an. iTunes 10 bietet neben einem Facelifting der Programmoberfläche in erster Linie Detailverbesserungen. Das einzige «Killer-Feature» ist das Musik-fokussierte soziale Netzwerk Ping. In diesem Artikel fassen wir die ersten Eindrücke der neuen Software zusammen.

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Neue Hülle, alter Kern

Die augenscheinlichste Neuerung nach dem Download von iTunes 10 ist das neue Icon. Nach beinahe zehn Jahren hat die CD im iTunes-Icon offenbar ausgedient. Steve Jobs zufolge werden die Musikverkäufe über den iTunes Store in den USA demnächst die klassischen CD-Verkäufe überflügeln, so dass die Zeit für ein neues Icon nun offenbar reif sei.
Für andere - von vielen Anwendern geforderte - Neuerungen scheint iTunes hingegen weiterhin nicht reif zu sein. iTunes ist auch in Version 10 noch eines der unter Mac OS X unterdessen äusserst selten anzutreffenden 32-Bit-Carbon-Programme. Wer sich vom Sprung auf Version 10 grundlegende Änderungen am Konzept von iTunes oder auch am technischen Grundgerüst erhofft hatte, wird leider enttäuscht.

Neue Oberfläche

An der Programmoberfläche fallen diverse Änderungen auf. So ist beispielsweise die Titelzeile des iTunes-Fensters verschwunden und die Ampel-Buttons für das Schliessen, Minimieren und Zoomen des Fensters sind neuerdings vertikal angeordnet. Diese drei Buttons sind zudem die einzigen noch verbliebenen bunten Bedienelemente. Sämtliche übrigen Buttons und Symbolbilder sind in schlichtem Grau gehalten, angefangen von der Mediathek-Spalte auf der linken Seite des iTunes-Fenster bis zu den einzelnen Reitern in den iTunes-Einstellungen.

iTunes 10

 

Viele Details

Die Veränderungen an den bekannten Features von iTunes lassen sich an einer Hand abzählen und rechtfertigen den Versionssprung kaum. In der Albenansicht werden die Albentitel und der Interpret nun rechts vom Cover und nur einmal für das gesamte Album angezeigt, wodurch sich die Liste etwas aufgeräumter präsentiert. Das Cover wird allerdings nur angezeigt, wenn mindestens fünf Songs eines Albums in der Mediathek vorhanden sind. Wer weiterhin alle Covers sehen möchte, kann dies im Menü Datstellung jedoch entsprechend einstellen. Neu ist auch die Möglichkeit, die Interpreten-Spalte links von der Spalte mit den Song-Namen anzuzeigen. Klickt man auf ein Albencover links unten in der Seitenleiste, so öffnet sich das Cover in einem neuen Fenster mit einem Miniplayer, der die bekannten Bedienelemente aus QuickTime X besitzt.

Neuerungen gibt es auch bei der drahtlosen Musikwiedergabe. Diese heisst neu AirPlay und ersetzt das altbekannte AirTunes. Apple zufolge benötigt AirPlay nicht mehr zwingend eine AirPort Express Basis Station sondern kann Musik direkt auf entsprechend ausgestattete Lautsprecher und Stereoanlagen streamen.

Alles in allem muss man die Neuerungen an den altbekannten iTunes-Funktionen leider wirklich suchen. Viele seit langem bestehenden Kritikpunkte, beispielsweise die mangelhaften Möglichkeiten zur Verwaltung der Radiostationen, wurden nicht angetastet. Ein dickes Lob darf sich Apple allerdings für die verbesserte Performance einstreichen. Die Verwaltung grosser Mediatheken geht wesentlich flüssiger vonstatten. Gerade auch auf PowerPC-Macs läuft iTunes 10 wesentlich geschmeidiger als seine Vorgänger. Und wer einen aktuellen Intel-Mac sein Eigen nennt, darf sich darüber freuen, dass iTunes nun bei vielen rechenlastigen Aktivitäten Gebrauch von sämtlichen Prozessorkernen macht.

Ping

Wie schon bei den Vorgängerversionen scheint sich Apple hinsichtlich vorgenommener Neuerungen in erster Linie auf den iTunes Store konzentriert zu haben. Das grosse neue Feature von iTunes 10 hört auf den Namen Ping und ist ein in den iTunes Store integriertes soziales Netzwerk mit Fokus auf Musik.

In der Theorie funktioniert Ping folgendermassen: Man legt ein eigenes Profil an und kann damit seinen Lieblingskünstlern oder Freunden folgen und entdecken, welche Musik diese hören und einkaufen. Ausserdem lassen sich Kommentare über einzelne Interpreten und Songs verfassen sowie Konzertprogramme einsehen.

Um Ping zu benutzen, klickt man auf den entsprechenden Punkt in der Seitenleiste links im iTunes-Fenster. Ein eigener iTunes-Account ist zwingend notwendig. Am Anfang steht das Erstellen des eigenen Profils. Hier wird man aufgefordert, seinen Namen und Vornamen anzugeben. Weitere Angaben wie der Wohnort, das Geschlecht sowie der Upload eines Profilbildes sind ebenfalls möglich. Aus einer etwas willkürlich wirkenden Liste von 16 Musikgenres darf man anschliessend bis zu drei auswählen, die einem gefallen. Desweiteren lässt sich einstellen, ob die Musik, die einem gefällt, im Profil angezeigt werden darf, wobei man die anzuzeigende Musik auf Wunsch immerhin manuell auswählen kann. Der letzte Einstellungspunkt betrifft die Frage, ob man Leute zulassen will, die einem folgen.

Anschliessend steht einer Erkundungstour durch Ping nichts mehr im Wege. Ping wurde von Apple in den iTunes Store integriert und besitzt dort einen eigenen Reiter. Auf der Übersichtsseite schlägt Ping Interpreten und Personen vor, denen man folgen könnte. Klickt man auf eine Person, erscheint ihre Profilseite samt sämtlichen Aktivitäten. Diese beinhalten verfasste Kommentare, gekaufte Musik, Profile, denen die entsprechende Person ihrerseits folgt und Musik die ihr gefällt. Interpreten besitzen eine Profilseite mit ihren Tweets, welche sich kommentieren lassen. Ausserdem ist jedes Interpreten-Profil mit der entsprechenden Interpretenseite im iTunes Store verknüpft.

Was sich in der Theorie als interessantes Konzept anhört, muss sich in der Praxis jedoch erst noch beweisen. Ping empfielt Interpreten wie Lady Gaga, U2 oder Jack Johnson zum Folgen, scheinbar unabhängig des eigenen Musikgeschmackes. Allerdings stehen auch kaum andere Interpreten zur Wahl, die sich empfehlen liessen. Die Anzahl der teilnehmenden Interpreten wie auch der übrigen Personen lässt im Augenblick sehr zu wünschen übrig. Hier wird die Zeit zeigen, ob Apples Konzept aufgehen wird. Gemäss Apple steht Ping rund 160 Millionen iTunes-Nutzern zur Verfügung. Aber erst wenn wirklich eine kritische Masse an Personen vertreten ist, macht ein soziales Netzwerk wirklich Spass. Noch wirkt Ping auf jeden Fall sehr beschränkt, nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Möglichkeit, es über einen Webbrowser aufzurufen oder mit anderen sozialen Diensten zu verknüpfen.

Fazit

Ein abschliessendes Fazit lässt sich kaum ziehen. iTunes 10 ist erst wenige Stunden alt und sein wichtigstes neues Feature, Ping, wird noch einige Zeit benötigen, bis es wie vorgesehen funktioniert. Noch lässt sich kaum beurteilen, ob ein nachhaltiges Bedürfnis nach einem in iTunes integrierten sozialen Netzwerk besteht.
Sieht man einmal von Ping ab, kann iTunes 10 einzig durch einige Performanceverbesserungen glänzen. Die übrigen Neuerungen sind kaum der Rede wert und Apple würde sicher gut daran tun, sich beim nächsten Major-Update von iTunes auch den klassischen Funktionen wieder einmal anzunehmen. Nichtsdestotrotz kann iTunes natürlich weiterhin auf seine bekannten Qualitäten aufbauen und wird zweifellos auch in Version 10 kaum an Beliebtheit einbüssen.

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