Office 2008 für Mac

Seit einigen Tagen liefert Microsoft die deutschsprachige Fassung von Office 2008 für den Mac aus. Ursprünglich hätte das neue Office-Paket bereits im Herbst letzten Jahres erscheinen sollen, doch einige Verzögerungen in Microsofts Mac-Abteilung führten dazu, dass sich die Wartezeit auf die erste Intel-Version von Office für Mac um einige weitere Monate verlängerte. Nachdem Besitzer von Intel-Macs zwei Jahre auf eine Universal-Binary-Fassung von Office warten mussten und Microsoft insgesamt dreieinhalb Jahre an Office 2008 gearbeitet hatte, sind die Erwartungen an die neue Version der Bürosuite verständlicherweise hoch angesetzt. macprime.ch hat Office 2008 ausführlich getestet und schildert in diesem Artikel die ersten Eindrücke und Erfahrungen.

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2001 war Microsoft als einer der ersten Drittanbieter auf den OS-X-Zug aufgesprungen und bot Office in einer Carbon-Version für Mac OS X an. Knapp drei Jahre später erschien Office 2004, welches zwar einige Verbesserungen bot, sich konzeptionell aber kaum von seinem Vorgänger unterschied. Demgegenüber stand die Entwicklung von Office 2008 von Beginn weg unter ganz anderen Vorzeichen. 
Vor einem Jahr führte Microsoft mit Office 2007 für Windows nicht nur ein neues Dateiformat, sondern auch ein von Grund auf neu gestaltetes Bedienkonzept ein. Gleichzeitig griff Microsoft bei der Entwicklung von Office 2008 zum ersten Mal auf Apples Programmierumgebung Xcode zurück. Damit waren die Aussichten auf deutliche Verbesserungen an Office diesmal so gut wie schon seit mindestens zehn Jahren nicht mehr.
Beim Kauf von Office 2008 stehen drei Ausführungen zur Auswahl. Die Standardversion kostet 799.- Franken und enthält die Programme Word, Excel, PowerPoint, Entourage und Messenger. Besitzer von Office 2004 können für 479.- Franken ein Upgrade erwerben. Für Heimanwender und Studenten bietet Microsoft das Office-Paket in einer Home and Student Edition zum verhältnismässig tiefen Preis von 219.- Franken an. Allerdings fehlen bei dieser Edition die mitgelieferten Automator-Aktionen und die Exchange-Server-Unterstützung. Richtig teuer ist hingegen die Special Media Edition, welche zusätzlich zu den Standardprogrammen noch die Expression-Media-Software von Microsoft enthält. Für diese Ausführung muss man stolze 999.- Franken auf den Tisch legen, ein Upgrade kostet 669.- Franken.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger lässt sich Office 2008 nicht mehr per Drag&Drop auf die Festplatte kopieren, sondern es muss nun ein Installationsprogramm gestartet werden. Die Installation dauert nur wenige Minuten, dabei werden rund 900 Megabyte Daten auf die Festplatte kopiert. Eine bestehende Office-2004-Installation kann parallel zu Office 2008 weiterbetrieben werden.

Erste Eindrücke

Schon beim ersten Start von Office fällt die überarbeitete Benutzeroberfläche der Programme auf. Diese bildet einen Kompromiss aus dem Bedienkonzept von Office 2004 und der Bedienphilosophie von Mac OS X. Gleich zu Beginn lässt sich festhalten, dass Microsoft an der Oberfläche vieles verändert hat, sich die Anleihen an der weitgehend menülosen Oberfläche von Office 2007 aber ebenso sehr in Grenzen halten wie der Gebrauch von Standardbedienelementen aus OS X. Word 2008 erinnert auf den ersten Blick stark an Apples Pages. Jedes Fenster besitzt nun eine Symbolleiste, welche den schnellen Zugriff auf viel verwendete Funktionen ermöglicht. Damit lässt sich beispielsweise mit wenigen Mausklicks eine Tabelle in ein Dokument einfügen. Unterhalb der Symbolleiste befindet sich eine Reihe mit Aqua-Buttons, die je nach Ansichtsmodus unterschiedliche Funktionen beherbergen. Mit einem Klick auf einen dieser Buttons klappt der Katalog auf, ein bunt gestalteter Bereich voller vorgefertigter Vorlagen, Diagramme, Tabellen und Grafiken, die sich mit sehr geringem Aufwand in ein Dokument einfügen lassen. Zusätzlich dazu lassen sich weitere Symbolleisten einblenden, beispielsweise mit Formatierungsoptionen für Text. Leider sind die schwebenden Paletten der Vorversion nicht vollends verschwunden, einige Symbolleisten, zum Beispiel die Werkzeuge zum Zeichnen, werden noch immer auf die gleiche Weise dargestellt wie in Office 2004.

Es fällt rasch auf, dass Microsoft die Oberfläche der neuen Bürosuite reichhaltig mit teils nervigen Aqua-Animationen geschmückt hat. Vor allem der Katalog strotzt förmlich vor bunten Effekten, aber auch zahlreiche Buttons wurden mit raffinierten Wassereffekten ausstaffiert. Leider wirkt die Oberfläche von Office 2008 damit nicht vollends Leopard-konform, die leuchtend hellen Aqua-Buttons passen schlecht zur grauen Leopard-Symbolleiste.

Oberflächliches

Ohnehin wirkt Microsofts Bestreben, Office besser dem Erscheinungsbild von OS X anzupassen, stellenweise alles andere als konsequent. So greifen die Office-Programme nun zwar auf das Standard-Farbpanel von OS X zurück, für Schriften nutzt Word aber weiterhin das Panel aus Office 2004. Während die Programmeinstellungen in Word und Excel nun nach dem Vorbild der Systemeinstellungen gestaltet wurden, gleichen die Einstellungen in PowerPoint viel eher denjenigen aus der Vorversion. Anstatt den Medien-Browser aus OS X zu verwenden, hat Microsoft einen eigenen Bilder-Browser mit iPhoto-Unterstützung in die Formatierungspalette von Word integriert. Dieser hinkt dem Original hinsichtlich Komfort aber klar hinterher und unterstützt noch nicht mal die Ereignis-Ansicht aus iPhoto 08.

Textverarbeitung mit Word 2008

Die Textverarbeitung Word hat sich von allen Office-Bestandteilen wohl am meisten verändert. Word profitiert ungemein von der überarbeiteten Benutzeroberfläche, die Parallelen zu Pages sind allgegenwärtig.
Der Katalog bietet eine grosse Auswahl an vorgefertigen Dokumentelementen wie Deckblätter, Inhalts- und Literaturverzeichnisse. Diese Elemente lassen sich jederzeit in ein Dokument einfügen. Ändert man beispielsweise bei einem Deckblatt die Vorlage, übernimmt Word gleich alle Textinformationen wie Titel, Untertitel oder den Namen des Verfassers.  Mit den neuen Schnelltabellen lässt sich ein Dokument im Handumdrehen um vorgefertigte Tabellen, zum Beispiel in Form eines Kalenders, erweitern. Auch die SmartArt-Grafiken sind eine willkommene Verbesserung. Sie ermöglichen das automatische Erstellen von schematischen Darstellungen wie Flussdiagrammen oder Prozessabläufen. Zusammen mit den aufgewerteten Diagrammen und WordArt-Schriften tragen diese neuen Werkzeuge massiv dazu bei, dass die gestalterischen Möglichkeiten von Word nun deutlich mehr Spass machen.

Unterstützt wird dieser positive Eindruck auch durch die neue Layoutansicht in Word 2008. Diese besitzt eine helle Holztextur als Fensterhintergrund und lässt sich dadurch auf einen Blick von den anderen Ansichten unterscheiden. Zudem bietet sie eine angepasste Symbolleiste mit den wichtigsten Layoutwerkzeugen sowie einen Katalog mit einer Fülle an Vorlagen für Flyer, Broschüren, Karten und ähnliches. Zwar erreichen die Word-Vorlagen nicht die Qualität der Vorlagen in Pages, für viele Zwecke reichen sie aber allemal aus. Insgesamt beschert die neue Layoutansicht der Microsoft-Textverarbeitung den wohl grössten Sprung nach vorne seit mindestens einem Jahrzehnt. Word ist und bleibt kein klassisches Layoutprogramm, doch die Zeiten sich ständig verschiebender Grafikrahmen und ähnlichen Unzulänglichkeiten scheinen nun vorbei zu sein. Bedeutend verbessert präsentiert sich auch die Formatierungspalette, welche sich zu einem zentralen Werkzeug in Office gemausert hat und viele Gemeinsamkeiten mit dem iWork-Inspektor besitzt. Die Formatierungspalette bietet einen schnellen Zugriff auf alle wichtigen Formatierungsoptionen für Text und Dokumentelemente. Bilder lassen sich nun mit weichen Schatten und hübschen Reflexionen versehen, ausserdem bietet Word einen grossen Fundus an Bildeffekten und Rahmenoptionen. Leider lassen sich aber viele erweiterte Funktionen weiterhin nur über komplizierte Dialogfenster steuern. Hier zeigt sich einmal mehr, dass Microsoft zahlreiche Komponenten aus Office 2004 unverändert in die neue Version übernommen hat.

Performance

Der Eindruck, dass Microsoft mit Office 2008 zwar vieles verändern aber trotzdem keine alten Zöpfe abschneiden wollte, zieht sich durch die gesamte Suite. Die Hoffnung, dass Microsoft den Umstieg auf Xcode gleich dazu nutzen würde, das technische Fundament von Office endlich einmal grundlegend zu erneuern und besser an OS X anzupassen, hat sich definitiv nicht erfüllt. In vieler Hinsicht wirkt Office 2008 wie ein Programm aus den 90er-Jahren, die erreichten Verbesserungen wurden häufig nur stückweise umgesetzt. Ändert man beispielsweise Position oder Grösse eines gezeichneten Grafikobjektes, passt Word den Textfluss um das Objekt nun zwar in Echtzeit an, bei Bildern funktioniert die Echtzeitanzeige aber nicht. In Word lassen sich die Fenster nun - wie unter Mac OS X üblich - in Echtzeit skalieren, PowerPoint und Excel beherrschen die Echtzeitskalierung aber weiterhin nicht.
Dass die Codebasis von Office nicht mehr zeitgemäss ist, offenbart sich auch im Ressourcenhunger der einzelnen Programme. Office 2008 ist keine Rakete, weder auf Intel- noch auf PowerPC-Macs. Wir haben Office 2008 testweise sowohl auf einem MacBook Pro mit Leopard, als auch auf einem älteren G4-Power-Mac mit Tiger installiert. Auf dem Intel-Gerät sind die Geschwindigkeitssteigerungen im Vergleich zum Rosetta-Betrieb von Office 2004 zwar nicht von der Hand zu weisen, der grosse Speedbump ist aber ausgeblieben. Word benötigt zum ersten Programmstart stolze 40 Sekunden. Mehrere Megabyte grosse Grafikobjekte, mit denen Pages souverän umzugehen vermag, zwingen Word innert kürzester Zeit in die Knie. Auch die Benutzeroberfläche reagiert teils nur mit Verzögerungen, zum Beispiel beim Öffnen des Kataloges. Das Deaktivieren einiger Grafikeffekte ist zwar möglich, verhilft Office aber auch nicht zu grossen Performanceschüben. Während sich Besitzer von Intel-Macs wenigstens über eine mittelmässige Geschwindigkeitssteigerung freuen dürfen, müssen sich Besitzer von PowerPC-Macs auf ein wahres Desaster gefasst machen. Auf unserem G4-Mac mit 900 Megabyte Speicher ist Office 2008 derart träge, dass an vernünftiges Arbeiten nicht mehr zu denken ist. Programmstarts von eineinhalb Minuten Dauer sind noch das geringste Übel. Schlimmer sind die massiven Verzögerungen von teils mehreren Sekunden, mit denen Office auf Eingaben reagiert. Auch das Öffnen des Kataloges geht lediglich in Zeitlupentempo vonstatten. Natürlich ist davon auszugehen, dass Office 2008 auf schnellen G5-Macs deutlich flüssiger läuft, doch solange Office 2004 gut und gerne um Faktor drei oder vier schneller arbeitet, können wir von einer Installation der neusten Office-Version auf PowerPC-Maschinen nur abraten.
Neben der mässigen Grundperformance sorgt vor allem der enorme Speicherbedarf von Office für viel Frust. Für die Arbeit an einem einseitigen Textdokument reserviert sich Word locker mal ein Gigabyte Arbeitspeicher. Wer nicht mehr als zwei Gigabyte RAM in seinem Mac verwendet, muss damit rechnen, dass selbst bei der Arbeit in einem einzigen Office-Programm spätestens nach rund einer halben Stunde der komplette Speicher belegt ist, was das gesamte System massiv einbremst.

Stark verbessert: PowerPoint

Den vielleicht grössten Sprung nach vorne macht PowerPoint 2008. Der in PowerPoint orange unterlegte Katalog vereinfacht das Arbeiten mit Folienlayouts und Übergängen dramatisch. 50 vorgefertigte Vorlagen helfen beim Gestalten einer Präsentation, und auch hier gilt: Die Vorlagen sind nicht ganz so elegant wie in Keynote, aber extrem viel besser als alles, was Microsoft in der Vergangenheit zu bieten hatte. PowerPoint profitiert an allen Ecken und Enden von den neuen Bild- und Grafikwerkzeugen, die in Office 2008 integriert wurden.  Dank weichgezeichneten Schatten und Reflexionseffekten sind nun ähnliche Ergebnisse wie mit Keynote möglich. Auch die SmartArt-Grafiken sind beim Erstellen von Präsentationen häufig eine grosse Hilfe, ergänzt werden diese durch eine grosse Anzahl vorgefertigter Tabellenformatvorlagen.
Dank der neuen Symbolleiste hat man nun jederzeit Zugriff auf die wichtigsten Funktionen und Werkzeuge. Auch die überarbeitete Formatierungspalette trägt zur insgesamt erheblich gesteigerten Benutzerfreundlichkeit bei.

Alte Schwächen zeigt PowerPoint hingegen bei Übergängen und Animationen. Letztere werden über die Formatierungspalette gesteuert und können in einer Echtzeitvorschau betrachtet werden. Trotz der grossen Auswahl an Effekten kommt bei den Animationen kaum Freude auf, die Effekte sehen langweilig aus und können grösstenteils auch grafisch nicht überzeugen. Keine ersichtlichen Neuerungen bieten die Übergänge, hier fehlt sogar die Echtzeitvorschau. Die wenigen vorhandenen 3D-Übergänge wirken allesamt ruckelig, da hätte sich Microsoft entschieden mehr Mühe geben müssen.

Geschwindigkeitsmässig stellt PowerPoint 2008 für Besitzer von Intel-Macs einen klaren Schritt nach vorne dar. Ähnlich wie in Word wirkt die Benutzeroberfläche stellenweise zäh und träge, viele Prozesse wurden aber merklich beschleunigt. Ein Beispiel sind die Miniaturansichten der Folien, die nun ohne grosse Verzögerung angezeigt werden. Darüber hinaus glänzt PowerPoint 2008 mit einigen willkommenen Detailverbesserungen. Präsentationen lassen sich in iPhoto exportieren, indirekt ist somit auch ein Export auf den iPod möglich. Ausserdem lassen sich PowerPoint-Präsentationen nun endlich mit der Apple Remote steuern.

Stillstand: Excel 2008

Bei Excel 2008 beschränken sich die Neuerungen fast vollständig auf die Implementierung der neuen Benutzeroberfläche. Leider profitiert Excel kaum von dem überarbeiteten Interface. Im Gegenteil: Eigentlich ist der in Excel grün dargestellte Katalog völlig überflüssig, ausser man möchte WordArt-Schriftzüge und SmartArt-Grafiken in ein Excel-Dokument einfügen. Microsoft hat Excel zwar eine spärliche Anzahl an eher trotzlosen Vorlagen spendiert, mit den Tabellenlayouts aus Numbers lassen sich diese aber nicht vergleichen.
Sieht man von den durchaus willkommenen Änderungen an der Symbolleiste und Formatierungspalette ab, hebt sich Excel 2008 einzig durch einen neuen Formel-Generator von der Vorgängerversion ab. Wer häufig mit Formeln arbeitet, wird dieses Feature zu schätzen wissen, insbesondere komplexe Formeln lassen sich nun deutlich einfacher erstellen.

Leider gibt es ansonsten nichts Positives über Excel 2008 zu berichten. Es scheint als habe sich Microsoft in den letzten vier Jahren kaum um Excel gekümmert. Und dies ist erst die eine Hälfte der Wahrheit, Excel-Anwender müssen noch eine weitere bittere Pille schlucken. Genau wie alle anderen Bestandteile von Office 2008 bietet auch Excel 2008 keinen Support mehr für VBA-Makros. Makros lassen sich unter der neuen Office-Version weder editieren noch verwenden, dies ist insbesondere für Excel-Anwender ein harter Schlag. Microsoft begründet diesen Schritt mit alten Codefragmenten, die nach der Umstellung auf Xcode nicht mehr verwendet werden konnten. Als Ersatz bietet Office 2008 nun AppleScript-Unterstützung, ausserdem legt Microsoft einige Automator-Abläufe bei. Für Anwender, die in der Vergangenheit viel mit Makros gearbeitet hatten, dürfte dies aber nur ein schwacher Trost sein. Vor diesem Hintergrund wirkt es beinahe schon peinlich, dass einige der vorgefertigten Automator-Abläufen nur unter Tiger korrekt funktionieren.

Alleskönner: Entourage

Als vierter Office-Bestandteil neben Word, Excel und PowerPoint fristet der Outlook-Klon Entourage auf vielen Macs lediglich ein Schattendasein. Entourage vereint in einem einzigen Programm all jene Funktionen, welche Mail, iCal und das Adressbuch aus Mac OS X bieten. Des weiteren verwaltet Entourage Projekte, Notizen und Aufgaben. Wie schon in der Vergangenheit präsentiert sich Entourage als Exot unter den Office-Programmen. Das Bedienkonzept gleicht weitgehend demjenigen der Vorversion, was sicher keine schlechte Entscheidung war. Dies bedeutet, dass es beispielsweise den Katalog in Entourage 2008 nicht gibt. Immerhin besitzt Entourage nun ebenfalls eine im OS-X-Stil gestaltete Symbolleiste, welche neu auch die sechs Buttons für die unterschiedlichen Anwendungsbereiche beinhaltet. Als grosse Neuerung in Entourage bewirbt Microsoft die kleine Applikation MyDay, die Termine und Ereignisse in Form eines dunkelviolett gestalteten Fensters anzeigt. Leider sieht Myday nicht nur hässlich aus, sondern nervt auch dadurch, dass das Fenster stets im Vordergrund schwebt. Nach spätestens zwei Minuten werden die meisten Anwender das MyDay-Fenster wieder schliessen und fortan darauf verzichten.

Entourage 2008 hat aber durchaus mehr zu bieten. Erwähnenswert ist vor allem die weitreichende Unterstützung für Exchange-Server, auf welche Unternehmenskunden lange warten mussten. Aber auch Detailverbesserungen wie eine aufgewertete Suchfunktion und verbesserte Spam-Filter tragen dazu bei, dass Entourage 2008 durchaus einen guten Eindruck hinterlässt. Auch die gefühlte Performance, vor allem bei der Verwaltung grosser Mail-Postfächer, ist deutlich besser als beim Vorgänger.

Viele Baustellen

Der grossen Zahl an kleinen Verbesserungen in Entourage steht leider eine ebenso grosse Zahl an kleinen Fehlern gegenüber. Einige Verbesserungen wurden nur halbherzig umgesetzt, die Oberfläche ist inkonsistent gestaltet und die Lokalisierung ist stellenweise katastrophal ausgefallen. Ähnliche Beobachtungen lassen sich auch in allen anderen Office-Anwendungen machen. Verbesserungswürdig ist auch die Stabilität der Programme, selbst bei einfachen Tätigkeiten sind Abstürze keine Seltenheit. Hin und wieder kommt es vor, dass ein Programm mitten während der Arbeit eine Denkpause von einer oder zwei Minuten einlegt, bevor es wieder auf neue Eingaben reagiert. Man wird den Eindruck nicht los, dass Microsoft die Programme auf den letzten Drücker veröffentlicht hat und die Qualitätskontrolle dabei schlicht zu kurz kam. Dafür, dass Office 2008 eine stolze Stange Geld kostet und über dreieinhalb Jahre Entwicklungszeit beansprucht hatte, sind diese Schwächen äusserst ärgerlich. Es bleibt zu hoffen, dass Microsoft bald nachbessert. Immerhin ist ein erstes Update bereits für die kommenden Tage angekündigt.

Kompatibilität

Einer der Hauptgründe für den Erfolg von Office auf der Mac-Plattform ist die gute Kompatibilität zur Windows-Welt. Wie eingangs erwähnt, setzt Office 2008 auf das von Microsoft bereits mit Office 2007 für Windows eingeführte OpenXML-Dateiformat. Dokumente dieses Typs lassen sich unter älteren Office-Versionen nicht mehr ohne Umstände öffnen. Microsoft hat aber vorgebeugt und viel unternommen, um eine möglichst gute Kompatibilität in alle Richtungen zu gewährleisten. Auf Wunsch lassen sich jegliche Dokumente noch immer im alten Format sichern, dank dem automatischen Kompatibilitätsbericht lassen sich allfällige Inkompatibilitäten frühzeitig erkennen. Natürlich lassen sich sämtliche alten Office-Dokumente weiterhin problemlos nutzen.
Schwierigkeiten bereiten einzig Dokumente, die unter Office 2007 erstellt wurden und Elemente beinhalten, welche Office für Mac nicht unterstützt. Office für Windows erhielt in der 2007er-Version beispielsweise einen neuen Formeleditor, damit erstellte Formeln werden auf dem Mac nicht angezeigt, da der Formeleditor von Office 2008 abgesehen von wenigen Verbesserungen noch immer auf dem Stand von 2004 ist. 
Trotz alledem profitieren Anwender von Office 2008 von einer hervorragenden Kompatibilität zur Aussenwelt. Wer häufig Office-Dokumente plattformübergreifend austauschen muss, kommt auch in Zukunft nicht am Microsoft-Paket vorbei. Vermutlich dürfte die fehlende Unterstützung von VBA-Makros für viele das einzige grosse Kompatibilitätsproblem darstellen.

Licht und Schatten

Für Besitzer von Intel-Macs stellt Office 2008 einen soliden Schritt nach vorne dar – sofern sie auf VBA-Unterstützung verzichten können. Mit der neuen Benutzerführung freundet man sich sehr schnell an, die Bedienung von Office geht deutlich leichter von der Hand als zuvor. Da Microsoft die Menüstruktur weitgehend beibehalten hat, braucht sich niemand vor einer langen Umgewöhnungsphase zu fürchten.
Leider ist Microsoft bei der Entwicklung von Office 2008 viele Kompromisse eingegangen, Office für Mac kann weder punkto Funktionsumfang noch punkto Performance mit der Windows-Fassung mithalten. Word profitiert stark davon, dass Microsoft viele Konzepte aus Pages übernommen hat. Ähnlich verhält es sich mit PowerPoint, nur dass die zahlreichen Änderungen hier nicht ansatzweise ausreichen, um Keynote das Wasser abzugraben. Ein anderes Bild zeichnet sich bei Excel ab: Trotz einem Minimum an Verbesserungen steht Microsofts Tabellenkalkulation noch immer ohne ernsthaftes Konkurrenzprodukt da. Entourage-Anwender profitieren von einer Generalüberarbeitung des Programmes, die Verbesserungen reichen aber sicher nicht dazu aus, neue Anwender zu begeistern.
Bis Office auf OS X wirklich rund läuft, ist es noch immer ein weiter Weg. Es bleibt zu hoffen, dass Microsoft den Updatezyklus in Zukunft wieder zu verkürzen vermag. Nicht wenige Anwender werden sich die Frage stellen, woran die 200 Mitarbeiter der Mac-Abteilung von Microsoft in den letzten dreieinhalb Jahren wirklich gearbeitet haben.
Obwohl Office 2008 als Universal Binary vorliegt, bringt die Office-Suite selbst brandneue Macs teils arg ins Schwitzen. Von einer Installation auf PowerPC-Systemen raten wir dringend ab, da die Performance auf alten Macs schlicht als katastrophal bezeichnet werden muss.

Das stärkste Argument für die neue Office-Version ist der Preis. Mit 219.- Franken für die Home-Fassung bezahlen Heimanwender nur noch einen Bruchteil dessen, was Office bisher kostete. Unverständlich ist der happige Aufpreis für die Special Media Edition. Die aus iView Media Pro hervorgegangene Medienverwaltung Expression Media wäre für viele Heimanwender sicherlich ein interessantes Stück Software, doch der Aufpreis lässt sich durch Nichts rechtfertigen. Firmenkunden werden wohl ebenfalls nur in Einzelfällen zur Special Media Edition greifen, ist die Medienverwaltung doch eher für Privatanwender von Nutzen.
Wer nicht unbedingt sofort auf die Kompatibilität zu OpenXML-Dokumenten angewiesen ist, darf mit einem geplanten Kauf gut und gerne noch zuwarten, bis Microsoft die gröbsten Fehler behoben hat.

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