Portrait über Tim Cook: Der Vater des iPad mini

Die New York Times hat ein Portrait über Apples CEO Tim Cook veröffentlicht. Im Bericht wird unter anderem auch der Wandel des Unternehmens nach dem Abgang von Steve Jobs thematisiert. Obwohl Apple ein grosses Aktienrückkaufprogramm ins Leben gerufen hat, stehen die Aktionärs-Interessen nicht an oberster Stelle. Unter Tim Cook engagiert sich Apple auch für Projekte, weil sie dem Management als richtig erscheinen, und nicht umbedingt finanziell interessant sind.

Patrick Bieri

In der New York Times haben die beiden Reporter Matt Richtel und Brian X. Chen ein ausführliches Portrait über Apples CEO Tim Cook veröffentlicht. Für diesen Bericht mussten die Reporter auf Quellen aus dem Umfeld von Tim Cook zurückgreifen, weil sich der CEO selbst zu keinem Interview bereit erklärt hat.

Die beiden Reporter hatten sich in der Vergangenheit mit kritischen Berichten über Apple einen Namen gemacht, der Artikel gewährt nun Einblicke in die Führungsarbeit von Tim Cook.

Dank Tim Cook gibt es das iPad mini

In der New York Times äusserte sich auch Disneys CEO und Apples Verwaltungsrat Bob Iger über Tim Cook. Dabei dementierte er unter anderem den Vorwurf, Apple sei unter Tim Cook nicht mehr innovativ genug. Er verwies auf die zahlreichen Produkt-Veröffentlichungen und Updates, die Apple unter der Führung des neuen CEOs veröffentlicht hat.

Am wichtigsten war wohl Tim Cooks Einfluss auf die Lancierung des iPad mini. Gemäss den Angaben von Iger hätte Steve Jobs wohl nie der Veröffentlichung des iPad mini zugestimmt. Von Steve Jobs ist der Satz überliefert, dass ein Tablet mit einer Bildschirmdiagonale von 7 Zoll eine «Todgeburt» sei. Keine zwei Jahre nach dieser Aussage veröffentlichte Apple im Jahr 2012 das iPad mini. Heute ist das iPad mini aus der Produkt-Palette von Apple nicht mehr wegzudenken.

Gemäss Iger glaubte Tim Cook an den Erfolg eines kleineren und günstigeren Tablets. Diese Vermutung stellte sich im Nachhinein als richtig heraus, wie aktuelle Zahlen zeigen. Schätzungen zufolge ist das iPad mini für rund 40 Prozent der iPad-Verkäufe verantwortlich. Apple veröffentlicht dazu keine genauen Zahlen.

Apple erweitert kreatives Potential

Tim Cook hat es in den letzten Jahren geschafft, hochrangige neue Manager für Apple zu verpflichten. Dazu gehören unter anderem Angela Ahrendts als neue Retail-Chefin oder den ehemaligen CEO des Mode-Konzerns Yves Saint Laurent, Paul Deneve. Der ehemalige Mode-Manager kümmert sich gemäss den Angaben von Apple um «Special Projects». Diese von Apple gewählte Bezeichnung nährte in der Vergangenheit die Gerüchte rund um eine intelligente Uhr von Apple.

Mit der Übernahme von Beats Electronics stiessen zudem die beiden Musik-Experten Jimmy Iovine und Andre Yongh alias Dr. Dre zum Apple-Team. Die beiden Beats-Manager haben sich gegenüber Apple verpflichtet, weiterhin für das Unternehmen tätig zu sein.

Der U2-Frontmann Bono, der seit Jahren im Rahmen der Product(RED)-Kampagne mit Apple zusammenarbeitet, spricht in diesem Zusammenhang von einer «Ansammlung einer kreativen Experten-Gruppe». Mit der Übernahme von Beats Electronics habe Apple die kreative Perspektive nach dem Abgang von Steve Jobs erweitert, wie Bono weiter ausführte. Mit einer Verzögerung von fast drei Jahren nach dem Tod von Steve Jobs komme dieses zusätzliche Knowhow allerdings «sehr spät».

Tim Cook Engagement für neue Produkte

Ungenannte Insider aus dem Innern von Apple haben sich auch über Tim Cooks Engagement für neue Produkte geäussert. Ihrer Meinung nach arbeitet Cook deutlich weniger stark an der Entwicklung neuer Produkte mit, als es Steve Jobs in der Vergangenheit getan hat. Im Vergleich dazu ist Apples Design-Chef Jonathan Ive deutlich stärker in die Entwicklung neuer Produkte involviert.

Die Mitarbeiter von Apple schätzen dafür Tim Cooks Intellekt und seine Zugänglichkeit. Im Vergleich zu Steve Jobs sei Tim Cook deutlich offener gegenüber den Mitarbeitenden.

«Wir setzen uns für die Umwelt ein, weil es richtig ist»

Unter der Führung von Tim Cook hat Apple das Umwelt-Engagement deutlich verstärkt. So veröffentlicht das Unternehmen jährlich einen Umwelt-Bericht, in welchem neben dem Treibhausgas-Ausstoss auch der ökologische Fussabdruck der Produkte ausgewiesen wird. Apple engagierte auch die ehemalige Chefin der US-Umweltschutzbehörde, Lisa Jackson, um Apples Umwelt-Engagement zu überwachen.

Während einem Aktionärs-Treffen im Februar 2014 fragte ein Investor, ob Apple nicht auf das Umwelt-Engagement verzichten soll, wenn es keinen direkten finanziellen Nutzen für das Unternehmen hat. Tim Cook machte in seiner Antwort deutlich, dass Apple sich für die Umwelt engagiert, «weil es richtig ist». Bei Apple werden die Entscheide nicht nur nach den finanziellen Aktionärs-Interessen getroffen, wie Tim Cook in diesem Zusammenhang erklärte.

Aktionärs-Interessen stehen nicht über allem und spielen trotzdem eine wichtige Rolle

Wie bereits unter Steve Jobs stehen auch für Tim Cook die Aktionärs-Interessen nicht über den anderen Interessen des Unternehmens. Wie oben beschrieben engagiert sich Apple für die Umwelt, auch wenn daraus kein direkter finanzieller Vorteil entsteht. Diejenigen Anteilseigner, die einen möglichst hohen eigenen Profit anstreben, sollten nicht in Apple investieren, wie Tim Cook einen Investor kürzlich belehrte.

Einige Analysten sehen diesen Ansatz kritisch. So kommentierte Robert Weinstein von The Street, ob sich Apple von einem «Luxus-Konzern zu einem philantropischen Unternehmen wandelt».

Auf der anderen Seite ist Apple auch bereit, sich im Interesse der Aktionäre zu wandeln. So wurde ein Aktien-Split durchgeführt, welcher langfristig für einen höheren Börsenkurs sorgen soll. Zudem zahlt Apple bis im Jahr 2015 rund 130 Milliarden US-Dollar an die Aktionäre zurück. Neben diesen Kapital-Rückzahlungen ist Apple auch bemüht, die Steuerlast des Unternehmens möglichst tief zu halten.

Wo ist das nächste Produkt?

Im Artikel der New York Times kommen zahlreiche Analysten zu Wort, welche sehnlichst auf das nächste neue Produkt von Apple warten. Für den M.I.T-Professor Michael Cusumano hat Apple «das Herz und die Seele» verloren, um das «nächste grosse Produkt» vorstellen zu können.

Obwohl Apple anlässlich der WWDC keine neue Hardware vorgestellt hat, zeigte diese Veranstaltung die Innovationskraft von Apple. Das Unternehmen hat unter anderem eine neue Programmier-Sprache vorgestellt, die Entwicklern das Leben erleichtern soll. Zeitgleich stellte Apple mit OS X Yosemite ein visuell überarbeitetes Betriebssystem vor. Und mit den «Continuity»-Funktionen werden OS X und iOS in Zukunft noch besser miteinander verknüpft.

In den nächsten Monaten wird eine neue iPhone-Generation erwartet. Analysten gehen von der Veröffentlichung grösserer iPhones aus. Damit dürfte Tim Cook mit einem weiteren Grundsatz von Steve Jobs brechen, nach welchem jedes Smartphone mit einer Hand bedient werden können muss.
Ebenfalls erwartet wird die Lancierung einer intelligenten Uhr von Apple. Unklar ist dabei allerdings, über welche Funktionen das Gerät genau verfügen könnte. Die Rekrutierungs-Bemühungen von Apple deuten vor allem auf medizinische Funktionen hin.

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